Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
Gastrecht.

Ich war in einem schönen Haus
Und schien darin ein lieber Gast;
Die Damen sah'n wie Musen fast,
Sogar die Hunde geistreich aus.
Die Luft, von Ambraduft bewegt,
Schien aufgelös'te Phantasie,
Und wenn ein Vorhang sich geregt,
Dann war sein Flüstern Poesie.
Zwar trat mir oft ein Schwindel nah,
-- Ich bin an Aether nicht gewöhnt, --
Doch hat der Zauber mich versöhnt
Und reiche Stunden lebt' ich da.
All was man sagte war so klar
Und so vortrefflich durchgeführt,
Daß ich mich habe ganz und gar
Oft wie ein Erzkameel gespürt.
Gaſtrecht.

Ich war in einem ſchönen Haus
Und ſchien darin ein lieber Gaſt;
Die Damen ſah’n wie Muſen faſt,
Sogar die Hunde geiſtreich aus.
Die Luft, von Ambraduft bewegt,
Schien aufgelöſ’te Phantaſie,
Und wenn ein Vorhang ſich geregt,
Dann war ſein Flüſtern Poeſie.
Zwar trat mir oft ein Schwindel nah,
— Ich bin an Aether nicht gewöhnt, —
Doch hat der Zauber mich verſöhnt
Und reiche Stunden lebt’ ich da.
All was man ſagte war ſo klar
Und ſo vortrefflich durchgeführt,
Daß ich mich habe ganz und gar
Oft wie ein Erzkameel geſpürt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0082" n="66"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ga&#x017F;trecht</hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch war in einem &#x017F;chönen Haus</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chien darin ein lieber Ga&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>Die Damen &#x017F;ah&#x2019;n wie Mu&#x017F;en fa&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Sogar die Hunde gei&#x017F;treich aus.</l><lb/>
              <l>Die Luft, von Ambraduft bewegt,</l><lb/>
              <l>Schien aufgelö&#x017F;&#x2019;te Phanta&#x017F;ie,</l><lb/>
              <l>Und wenn ein Vorhang &#x017F;ich geregt,</l><lb/>
              <l>Dann war &#x017F;ein Flü&#x017F;tern Poe&#x017F;ie.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Zwar trat mir oft ein Schwindel nah,</l><lb/>
              <l>&#x2014; Ich bin an Aether nicht gewöhnt, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Doch hat der Zauber mich ver&#x017F;öhnt</l><lb/>
              <l>Und reiche Stunden lebt&#x2019; ich da.</l><lb/>
              <l>All was man &#x017F;agte war &#x017F;o klar</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;o vortrefflich durchgeführt,</l><lb/>
              <l>Daß ich mich habe ganz und gar</l><lb/>
              <l>Oft wie ein Erzkameel ge&#x017F;pürt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0082] Gaſtrecht. Ich war in einem ſchönen Haus Und ſchien darin ein lieber Gaſt; Die Damen ſah’n wie Muſen faſt, Sogar die Hunde geiſtreich aus. Die Luft, von Ambraduft bewegt, Schien aufgelöſ’te Phantaſie, Und wenn ein Vorhang ſich geregt, Dann war ſein Flüſtern Poeſie. Zwar trat mir oft ein Schwindel nah, — Ich bin an Aether nicht gewöhnt, — Doch hat der Zauber mich verſöhnt Und reiche Stunden lebt’ ich da. All was man ſagte war ſo klar Und ſo vortrefflich durchgeführt, Daß ich mich habe ganz und gar Oft wie ein Erzkameel geſpürt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/82
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/82>, abgerufen am 27.12.2024.