Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Und sieht ihn das Gesinde Am Fahnenschafte steh'n, Sich wirbelnd vor dem Winde Mit leisem Schreie dreh'n, Dann pocht im Schloßgemäuer Gewiß die Todtenuhr, Oder ein tückisch Feuer Frißt glimmend unter'm Flur. Wie hab' ich ihn umstrichen Als Kind oft stundenlang, Bin heimlich dann geschlichen Den schwer verpönten Gang Hinauf die Wendelstiege, Die unter'm Tritte bog, Bis zu des Sturmes Wiege, Zum Hahnenbalken hoch. Und saß ich auf dem Balken Im Dämmerstrahle falb, Mich fühlend halb als Falken, Als Mauereule halb, Dann hab' ich aus dem Brodem Den Geist citirt mit Muth, Ich, Hauch von seinem Odem, Und Blut von seinem Blut. Und ſieht ihn das Geſinde Am Fahnenſchafte ſteh’n, Sich wirbelnd vor dem Winde Mit leiſem Schreie dreh’n, Dann pocht im Schloßgemäuer Gewiß die Todtenuhr, Oder ein tückiſch Feuer Frißt glimmend unter’m Flur. Wie hab’ ich ihn umſtrichen Als Kind oft ſtundenlang, Bin heimlich dann geſchlichen Den ſchwer verpönten Gang Hinauf die Wendelſtiege, Die unter’m Tritte bog, Bis zu des Sturmes Wiege, Zum Hahnenbalken hoch. Und ſaß ich auf dem Balken Im Dämmerſtrahle falb, Mich fühlend halb als Falken, Als Mauereule halb, Dann hab’ ich aus dem Brodem Den Geiſt citirt mit Muth, Ich, Hauch von ſeinem Odem, Und Blut von ſeinem Blut. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0078" n="62"/> <lg n="3"> <l>Und ſieht ihn das Geſinde</l><lb/> <l>Am Fahnenſchafte ſteh’n,</l><lb/> <l>Sich wirbelnd vor dem Winde</l><lb/> <l>Mit leiſem Schreie dreh’n,</l><lb/> <l>Dann pocht im Schloßgemäuer</l><lb/> <l>Gewiß die Todtenuhr,</l><lb/> <l>Oder ein tückiſch Feuer</l><lb/> <l>Frißt glimmend unter’m Flur.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie hab’ ich ihn umſtrichen</l><lb/> <l>Als Kind oft ſtundenlang,</l><lb/> <l>Bin heimlich dann geſchlichen</l><lb/> <l>Den ſchwer verpönten Gang</l><lb/> <l>Hinauf die Wendelſtiege,</l><lb/> <l>Die unter’m Tritte bog,</l><lb/> <l>Bis zu des Sturmes Wiege,</l><lb/> <l>Zum Hahnenbalken hoch.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und ſaß ich auf dem Balken</l><lb/> <l>Im Dämmerſtrahle falb,</l><lb/> <l>Mich fühlend halb als Falken,</l><lb/> <l>Als Mauereule halb,</l><lb/> <l>Dann hab’ ich aus dem Brodem</l><lb/> <l>Den Geiſt citirt mit Muth,</l><lb/> <l>Ich, Hauch von ſeinem Odem,</l><lb/> <l>Und Blut von ſeinem Blut.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0078]
Und ſieht ihn das Geſinde
Am Fahnenſchafte ſteh’n,
Sich wirbelnd vor dem Winde
Mit leiſem Schreie dreh’n,
Dann pocht im Schloßgemäuer
Gewiß die Todtenuhr,
Oder ein tückiſch Feuer
Frißt glimmend unter’m Flur.
Wie hab’ ich ihn umſtrichen
Als Kind oft ſtundenlang,
Bin heimlich dann geſchlichen
Den ſchwer verpönten Gang
Hinauf die Wendelſtiege,
Die unter’m Tritte bog,
Bis zu des Sturmes Wiege,
Zum Hahnenbalken hoch.
Und ſaß ich auf dem Balken
Im Dämmerſtrahle falb,
Mich fühlend halb als Falken,
Als Mauereule halb,
Dann hab’ ich aus dem Brodem
Den Geiſt citirt mit Muth,
Ich, Hauch von ſeinem Odem,
Und Blut von ſeinem Blut.
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