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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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Dann wurden feucht sie, blau und lind,
Und mir zu Füßen saß ein schönes Kind.

Das sah zu mir empor, so ernst gespannt,
Als quelle ihm die Seele aus den Blicken,
Bald schloß es, schmerzlich zuckend, seine Hand,
Bald schüttelt es sie funkelnd vor Entzücken,
Und horchend, horchend klomm es sacht heran
Zu meiner Schulter -- und wo blieb es dann? --
O wären's Geisterstimmen aus der Luft,
Die sich wie Vogelzwitschern um mich reihten!
Wär' Grabesbrodem nur der leise Duft,
Der mich umseufzte aus verschollnen Zeiten.
Doch nur mein Herz ist eure stille Gruft,
Und meine Heil'gen, meine einst Geweihten,
Sie leben alle, wandeln allzumal.
Vielleicht zum Segen sich, doch mir zur Qual.


2*

Dann wurden feucht ſie, blau und lind,
Und mir zu Füßen ſaß ein ſchönes Kind.

Das ſah zu mir empor, ſo ernſt geſpannt,
Als quelle ihm die Seele aus den Blicken,
Bald ſchloß es, ſchmerzlich zuckend, ſeine Hand,
Bald ſchüttelt es ſie funkelnd vor Entzücken,
Und horchend, horchend klomm es ſacht heran
Zu meiner Schulter — und wo blieb es dann? —
O wären’s Geiſterſtimmen aus der Luft,
Die ſich wie Vogelzwitſchern um mich reihten!
Wär’ Grabesbrodem nur der leiſe Duft,
Der mich umſeufzte aus verſchollnen Zeiten.
Doch nur mein Herz iſt eure ſtille Gruft,
Und meine Heil’gen, meine einſt Geweihten,
Sie leben alle, wandeln allzumal.
Vielleicht zum Segen ſich, doch mir zur Qual.


2*
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[19/0035] Dann wurden feucht ſie, blau und lind, Und mir zu Füßen ſaß ein ſchönes Kind. Das ſah zu mir empor, ſo ernſt geſpannt, Als quelle ihm die Seele aus den Blicken, Bald ſchloß es, ſchmerzlich zuckend, ſeine Hand, Bald ſchüttelt es ſie funkelnd vor Entzücken, Und horchend, horchend klomm es ſacht heran Zu meiner Schulter — und wo blieb es dann? — O wären’s Geiſterſtimmen aus der Luft, Die ſich wie Vogelzwitſchern um mich reihten! Wär’ Grabesbrodem nur der leiſe Duft, Der mich umſeufzte aus verſchollnen Zeiten. Doch nur mein Herz iſt eure ſtille Gruft, Und meine Heil’gen, meine einſt Geweihten, Sie leben alle, wandeln allzumal. Vielleicht zum Segen ſich, doch mir zur Qual. 2*

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/35>, abgerufen am 27.11.2024.