Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
Doppeltgänger.

'S war eine Nacht, vom Thaue wachgeküßt,
Das Dunkel fühlt' ich kühl wie zarten Regen
An meine Wange gleiten. Das Gerüst
Des Vorhangs schien sich schaukelnd zu bewegen,
's war eine Nacht, wo man am Morgen denkt:
Ward Dasein jetzt dir, oder dort geschenkt?
Mir war so wohl und federleicht zu Muth,
So schwimmend nun die Wimper halb geschlossen;
Verlorne Funken zuckten durch mein Blut,
Von fernen Lauten wähnt' ich mich umflossen;
's war eine Nacht, wo man am Morgen fragt:
Hat's damals, oder hat es jetzt getagt?
Und immer heller ward der süße Klang,
Das liebe Lachen, es begann zu schwimmen
Wie Bilder von Daguerre die Deck' entlang,
Gleich Feuerwürmern sah ich Augen glimmen,
Doppeltgänger.

’S war eine Nacht, vom Thaue wachgeküßt,
Das Dunkel fühlt’ ich kühl wie zarten Regen
An meine Wange gleiten. Das Gerüſt
Des Vorhangs ſchien ſich ſchaukelnd zu bewegen,
’s war eine Nacht, wo man am Morgen denkt:
Ward Daſein jetzt dir, oder dort geſchenkt?
Mir war ſo wohl und federleicht zu Muth,
So ſchwimmend nun die Wimper halb geſchloſſen;
Verlorne Funken zuckten durch mein Blut,
Von fernen Lauten wähnt’ ich mich umfloſſen;
’s war eine Nacht, wo man am Morgen fragt:
Hat’s damals, oder hat es jetzt getagt?
Und immer heller ward der ſüße Klang,
Das liebe Lachen, es begann zu ſchwimmen
Wie Bilder von Daguerre die Deck’ entlang,
Gleich Feuerwürmern ſah ich Augen glimmen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0034" n="18"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Doppeltgänger.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">&#x2019;S</hi> war eine Nacht, vom Thaue wachgeküßt,</l><lb/>
              <l>Das Dunkel fühlt&#x2019; ich kühl wie zarten Regen</l><lb/>
              <l>An meine Wange gleiten. Das Gerü&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Des Vorhangs &#x017F;chien &#x017F;ich &#x017F;chaukelnd zu bewegen,</l><lb/>
              <l>&#x2019;s war eine Nacht, wo man am Morgen denkt:</l><lb/>
              <l>Ward Da&#x017F;ein jetzt dir, oder dort ge&#x017F;chenkt?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Mir war &#x017F;o wohl und federleicht zu Muth,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chwimmend nun die Wimper halb ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Verlorne Funken zuckten durch mein Blut,</l><lb/>
              <l>Von fernen Lauten wähnt&#x2019; ich mich umflo&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>&#x2019;s war eine Nacht, wo man am Morgen fragt:</l><lb/>
              <l>Hat&#x2019;s damals, oder hat es jetzt getagt?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Und immer heller ward der &#x017F;üße Klang,</l><lb/>
              <l>Das liebe Lachen, es begann zu &#x017F;chwimmen</l><lb/>
              <l>Wie Bilder von Daguerre die Deck&#x2019; entlang,</l><lb/>
              <l>Gleich Feuerwürmern &#x017F;ah ich Augen glimmen,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0034] Doppeltgänger. ’S war eine Nacht, vom Thaue wachgeküßt, Das Dunkel fühlt’ ich kühl wie zarten Regen An meine Wange gleiten. Das Gerüſt Des Vorhangs ſchien ſich ſchaukelnd zu bewegen, ’s war eine Nacht, wo man am Morgen denkt: Ward Daſein jetzt dir, oder dort geſchenkt? Mir war ſo wohl und federleicht zu Muth, So ſchwimmend nun die Wimper halb geſchloſſen; Verlorne Funken zuckten durch mein Blut, Von fernen Lauten wähnt’ ich mich umfloſſen; ’s war eine Nacht, wo man am Morgen fragt: Hat’s damals, oder hat es jetzt getagt? Und immer heller ward der ſüße Klang, Das liebe Lachen, es begann zu ſchwimmen Wie Bilder von Daguerre die Deck’ entlang, Gleich Feuerwürmern ſah ich Augen glimmen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/34
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/34>, abgerufen am 27.12.2024.