Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860."Das würde doch nicht sonderlich ausfallen." -- Am folgenden Tage bezog Johannes sein Er schnitzelte Löffel, aß auf dem Schlosse und "Der Johannes könnte viel erzählen," sagte er Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem „Das würde doch nicht ſonderlich ausfallen.“ — Am folgenden Tage bezog Johannes ſein Er ſchnitzelte Löffel, aß auf dem Schloſſe und „Der Johannes könnte viel erzählen,“ ſagte er Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="221"/> „Das würde doch nicht ſonderlich ausfallen.“ —<lb/> „O doch Herr, wenn ich erſt im Gange bin — es<lb/> geht nicht ſchnell, aber hin komme ich doch, und<lb/> es wird mir auch nicht ſo ſauer, wie man denken<lb/> ſollte.“ — „Nun,“ ſagte der Baron zweifelnd,<lb/> „willſt du’s verſuchen? hier iſt ein Brief nach P.<lb/> Es hat keine ſonderliche Eile.“</p><lb/> <p>Am folgenden Tage bezog Johannes ſein<lb/> Kämmerchen bei einer Wittwe im Dorfe.</p><lb/> <p>Er ſchnitzelte Löffel, aß auf dem Schloſſe und<lb/> machte Botengänge für den gnädigen Herrn. Im<lb/> Ganzen ging’s ihm leidlich; die Herrſchaft war ſehr<lb/> gütig, und Herr von S. unterhielt ſich oft lange<lb/> mit ihm über die Türkei, den öſtreichiſchen Dienſt<lb/> und die See.</p><lb/> <p>„Der Johannes könnte viel erzählen,“ ſagte er<lb/> zu ſeiner Frau, „wenn er nicht ſo grundeinfältig<lb/> wäre.“ — „Mehr tiefſinnig als einfältig,“ verſetzte<lb/> ſie; „ich fürchte immer, er ſchnappt noch über.“ —<lb/> „Ei bewahre!“ antwortete der Baron, „er war ſein<lb/> Lebenlang ein Simpel; ſimple Leute werden nie<lb/> verrückt.“</p><lb/> <p>Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem<lb/> Botengange über Gebühr lange aus. Die gute<lb/> Frau von S. war ſehr beſorgt um ihn und wollte<lb/> ſchon Leute ausſenden, als man ihn die Treppe<lb/> heraufſtelzen hörte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [221/0237]
„Das würde doch nicht ſonderlich ausfallen.“ —
„O doch Herr, wenn ich erſt im Gange bin — es
geht nicht ſchnell, aber hin komme ich doch, und
es wird mir auch nicht ſo ſauer, wie man denken
ſollte.“ — „Nun,“ ſagte der Baron zweifelnd,
„willſt du’s verſuchen? hier iſt ein Brief nach P.
Es hat keine ſonderliche Eile.“
Am folgenden Tage bezog Johannes ſein
Kämmerchen bei einer Wittwe im Dorfe.
Er ſchnitzelte Löffel, aß auf dem Schloſſe und
machte Botengänge für den gnädigen Herrn. Im
Ganzen ging’s ihm leidlich; die Herrſchaft war ſehr
gütig, und Herr von S. unterhielt ſich oft lange
mit ihm über die Türkei, den öſtreichiſchen Dienſt
und die See.
„Der Johannes könnte viel erzählen,“ ſagte er
zu ſeiner Frau, „wenn er nicht ſo grundeinfältig
wäre.“ — „Mehr tiefſinnig als einfältig,“ verſetzte
ſie; „ich fürchte immer, er ſchnappt noch über.“ —
„Ei bewahre!“ antwortete der Baron, „er war ſein
Lebenlang ein Simpel; ſimple Leute werden nie
verrückt.“
Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem
Botengange über Gebühr lange aus. Die gute
Frau von S. war ſehr beſorgt um ihn und wollte
ſchon Leute ausſenden, als man ihn die Treppe
heraufſtelzen hörte.
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