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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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schau vorzunehmen. -- Die Untersuchung war kurz,
gewaltsamer Tod erwiesen, der vermuthliche Thäter
entflohen, die Anzeigen gegen ihn zwar gravirend,
doch ohne persönliches Geständniß nicht beweisend,
seine Flucht allerdings sehr verdächtig. So mußte
die gerichtliche Verhandlung ohne genügenden Erfolg
geschlossen werden.

Die Juden der Umgegend hatten großen An-
theil gezeigt. Das Haus der Wittwe ward nie
leer von Jammernden und Rathenden.

Seit Menschengedenken waren nicht so viel
Juden beisammen in L. gesehen worden.

Durch den Mord ihres Glaubensgenossen
auf's Aeußerste erbittert, hatten sie weder Mühe
noch Geld gespart, dem Thäter auf die Spur zu
kommen. Man weiß sogar, daß einer derselben,
gemeinhin der Wucherjoel genannt, einem seiner
Kunden, der ihm mehrere Hunderte schuldete und
den er für einen besonders listigen Kerl hielt, Erlaß
der ganzen Summe angeboten hatte, falls er ihm
zur Verhaftung des Mergel verhelfen wolle; denn
der Glaube war allgemein unter den Juden, daß
der Thäter nur mit guter Beihülfe entwischt und
wahrscheinlich noch in der Umgegend sei. Als
dennoch Alles nichts half und die gerichtliche Ver-
handlung für beendet erklärt worden war, erschien
am nächsten Morgen eine Anzahl der angesehensten

ſchau vorzunehmen. — Die Unterſuchung war kurz,
gewaltſamer Tod erwieſen, der vermuthliche Thäter
entflohen, die Anzeigen gegen ihn zwar gravirend,
doch ohne perſönliches Geſtändniß nicht beweiſend,
ſeine Flucht allerdings ſehr verdächtig. So mußte
die gerichtliche Verhandlung ohne genügenden Erfolg
geſchloſſen werden.

Die Juden der Umgegend hatten großen An-
theil gezeigt. Das Haus der Wittwe ward nie
leer von Jammernden und Rathenden.

Seit Menſchengedenken waren nicht ſo viel
Juden beiſammen in L. geſehen worden.

Durch den Mord ihres Glaubensgenoſſen
auf’s Aeußerſte erbittert, hatten ſie weder Mühe
noch Geld geſpart, dem Thäter auf die Spur zu
kommen. Man weiß ſogar, daß einer derſelben,
gemeinhin der Wucherjoel genannt, einem ſeiner
Kunden, der ihm mehrere Hunderte ſchuldete und
den er für einen beſonders liſtigen Kerl hielt, Erlaß
der ganzen Summe angeboten hatte, falls er ihm
zur Verhaftung des Mergel verhelfen wolle; denn
der Glaube war allgemein unter den Juden, daß
der Thäter nur mit guter Beihülfe entwiſcht und
wahrſcheinlich noch in der Umgegend ſei. Als
dennoch Alles nichts half und die gerichtliche Ver-
handlung für beendet erklärt worden war, erſchien
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[208/0224] ſchau vorzunehmen. — Die Unterſuchung war kurz, gewaltſamer Tod erwieſen, der vermuthliche Thäter entflohen, die Anzeigen gegen ihn zwar gravirend, doch ohne perſönliches Geſtändniß nicht beweiſend, ſeine Flucht allerdings ſehr verdächtig. So mußte die gerichtliche Verhandlung ohne genügenden Erfolg geſchloſſen werden. Die Juden der Umgegend hatten großen An- theil gezeigt. Das Haus der Wittwe ward nie leer von Jammernden und Rathenden. Seit Menſchengedenken waren nicht ſo viel Juden beiſammen in L. geſehen worden. Durch den Mord ihres Glaubensgenoſſen auf’s Aeußerſte erbittert, hatten ſie weder Mühe noch Geld geſpart, dem Thäter auf die Spur zu kommen. Man weiß ſogar, daß einer derſelben, gemeinhin der Wucherjoel genannt, einem ſeiner Kunden, der ihm mehrere Hunderte ſchuldete und den er für einen beſonders liſtigen Kerl hielt, Erlaß der ganzen Summe angeboten hatte, falls er ihm zur Verhaftung des Mergel verhelfen wolle; denn der Glaube war allgemein unter den Juden, daß der Thäter nur mit guter Beihülfe entwiſcht und wahrſcheinlich noch in der Umgegend ſei. Als dennoch Alles nichts half und die gerichtliche Ver- handlung für beendet erklärt worden war, erſchien am nächſten Morgen eine Anzahl der angeſehenſten

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/224>, abgerufen am 23.11.2024.