Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.jetzt halb verwirrt oder vielmehr stumpfsinnig. In derselben Nacht noch wurden die Schützen "Sucht ihn," antwortete sie und setzte sich auf "Herein, herein!" sagte er dann barsch; jetzt halb verwirrt oder vielmehr ſtumpfſinnig. In derſelben Nacht noch wurden die Schützen „Sucht ihn,“ antwortete ſie und ſetzte ſich auf „Herein, herein!“ ſagte er dann barſch; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0220" n="204"/> jetzt halb verwirrt oder vielmehr ſtumpfſinnig.<lb/> „Aug’ um Auge, Zahn um Zahn!“ dies waren die<lb/> einzigen Worte, die ſie zuweilen hervorſtieß.</p><lb/> <p>In derſelben Nacht noch wurden die Schützen<lb/> aufgeboten, um Friedrich zu verhaften. Der Anklage<lb/> bedurfte es nicht, da Herr von S. ſelbſt Zeuge eines<lb/> Auftritts geweſen war, der den dringendſten Ver-<lb/> dacht auf ihn werfen mußte; zudem die Geſpenſter-<lb/> geſchichte von jenem Abende, das Aneinanderſchlagen<lb/> der Stäbe im Brederholz, der Schrei aus der Höhe.<lb/> Da der Amtsſchreiber gerade abweſend war, ſo be-<lb/> trieb Herr von S. ſelbſt alles raſcher, als ſonſt<lb/> geſchehen wäre. Dennoch begann die Dämmerung<lb/> bereits anzubrechen, bevor die Schützen ſo geräuſchlos<lb/> wie möglich das Haus der armen Margreth um-<lb/> ſtellt hatten. Der Gutsherr ſelber pochte an; es<lb/> währte kaum eine Minute, bis geöffnet ward und<lb/> Margreth völlig angekleidet in der Thüre erſchien.<lb/> Herr von S. fuhr zurück; er hatte ſie faſt nicht<lb/> erkannt, ſo blaß und ſteinern ſah ſie aus. „Wo<lb/> iſt Friedrich?“ fragte er mit unſicherer Stimme.</p><lb/> <p>„Sucht ihn,“ antwortete ſie und ſetzte ſich auf<lb/> einen Stuhl. Der Gutsherr zögerte noch einen<lb/> Augenblick.</p><lb/> <p>„Herein, herein!“ ſagte er dann barſch;<lb/> „worauf warten wir?“ Man trat in Friedrichs<lb/> Kammer. Er war nicht da, aber das Bett noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0220]
jetzt halb verwirrt oder vielmehr ſtumpfſinnig.
„Aug’ um Auge, Zahn um Zahn!“ dies waren die
einzigen Worte, die ſie zuweilen hervorſtieß.
In derſelben Nacht noch wurden die Schützen
aufgeboten, um Friedrich zu verhaften. Der Anklage
bedurfte es nicht, da Herr von S. ſelbſt Zeuge eines
Auftritts geweſen war, der den dringendſten Ver-
dacht auf ihn werfen mußte; zudem die Geſpenſter-
geſchichte von jenem Abende, das Aneinanderſchlagen
der Stäbe im Brederholz, der Schrei aus der Höhe.
Da der Amtsſchreiber gerade abweſend war, ſo be-
trieb Herr von S. ſelbſt alles raſcher, als ſonſt
geſchehen wäre. Dennoch begann die Dämmerung
bereits anzubrechen, bevor die Schützen ſo geräuſchlos
wie möglich das Haus der armen Margreth um-
ſtellt hatten. Der Gutsherr ſelber pochte an; es
währte kaum eine Minute, bis geöffnet ward und
Margreth völlig angekleidet in der Thüre erſchien.
Herr von S. fuhr zurück; er hatte ſie faſt nicht
erkannt, ſo blaß und ſteinern ſah ſie aus. „Wo
iſt Friedrich?“ fragte er mit unſicherer Stimme.
„Sucht ihn,“ antwortete ſie und ſetzte ſich auf
einen Stuhl. Der Gutsherr zögerte noch einen
Augenblick.
„Herein, herein!“ ſagte er dann barſch;
„worauf warten wir?“ Man trat in Friedrichs
Kammer. Er war nicht da, aber das Bett noch
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