Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Friedrich, Friedrich antworte doch, soll ich zum Er legte sich zurück; sein Gesicht zuckte krampf- "Frau Mergel," sagte der Amtsschreiber ernst, "Mutter, Mutter, um Gotteswillen, laß mich In diesem Augenblicke trat Johannes Niemand Friedrich, Friedrich antworte doch, ſoll ich zum Er legte ſich zurück; ſein Geſicht zuckte krampf- „Frau Mergel,“ ſagte der Amtsſchreiber ernſt, „Mutter, Mutter, um Gotteswillen, laß mich In dieſem Augenblicke trat Johannes Niemand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="184"/> Friedrich, Friedrich antworte doch, ſoll ich zum<lb/> Doctor?“ — „Nein, nein,“ ächzte er, „es iſt nur<lb/> Kolik, es wird ſchon beſſer.“</p><lb/> <p>Er legte ſich zurück; ſein Geſicht zuckte krampf-<lb/> haft vor Schmerz; dann kehrte die Farbe wieder.<lb/> „Geht,“ ſagte er matt; „ich muß ſchlafen, dann<lb/> gehts vorüber.“ —</p><lb/> <p>„Frau Mergel,“ ſagte der Amtsſchreiber ernſt,<lb/> „iſt es gewiß, daß Friedrich um vier zu Hauſe<lb/> kam, und nicht wieder fortging?“ — Sie ſah ihn<lb/> ſtarr an. „Fragt jedes Kind auf der Straße.<lb/> Und Fortgehen? — wollte Gott, er könnt’ es!“<lb/> — Hat er Euch nichts von Brandes erzählt?“ —<lb/> „In Gottes Namen, ja, daß er ihn im Walde<lb/> geſchimpft und unſere Armuth vorgeworfen hat,<lb/> der Lump! — Doch Gott verzeih mir, er iſt todt!<lb/> Geht!“ fuhr ſie heftig fort; „ſeid Ihr gekommen,<lb/> um ehrliche Leute zu beſchimpfen? Geht!“ —<lb/> Sie wandte ſich wieder zu ihrem Sohne; der<lb/> Schreiber ging. — „Friedrich, wie iſt dir?“ ſagte<lb/> die Mutter; „haſt du wohl gehört? ſchrecklich,<lb/> ſchrecklich! ohne Beichte und Abſolution!“ —</p><lb/> <p>„Mutter, Mutter, um Gotteswillen, laß mich<lb/> ſchlafen; ich kann nicht mehr!“</p><lb/> <p>In dieſem Augenblicke trat Johannes Niemand<lb/> in die Kammer; dünn und lang wie eine Hopfen-<lb/> ſtange, aber zerlumpt und ſcheu, wie wir ihn vor<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0200]
Friedrich, Friedrich antworte doch, ſoll ich zum
Doctor?“ — „Nein, nein,“ ächzte er, „es iſt nur
Kolik, es wird ſchon beſſer.“
Er legte ſich zurück; ſein Geſicht zuckte krampf-
haft vor Schmerz; dann kehrte die Farbe wieder.
„Geht,“ ſagte er matt; „ich muß ſchlafen, dann
gehts vorüber.“ —
„Frau Mergel,“ ſagte der Amtsſchreiber ernſt,
„iſt es gewiß, daß Friedrich um vier zu Hauſe
kam, und nicht wieder fortging?“ — Sie ſah ihn
ſtarr an. „Fragt jedes Kind auf der Straße.
Und Fortgehen? — wollte Gott, er könnt’ es!“
— Hat er Euch nichts von Brandes erzählt?“ —
„In Gottes Namen, ja, daß er ihn im Walde
geſchimpft und unſere Armuth vorgeworfen hat,
der Lump! — Doch Gott verzeih mir, er iſt todt!
Geht!“ fuhr ſie heftig fort; „ſeid Ihr gekommen,
um ehrliche Leute zu beſchimpfen? Geht!“ —
Sie wandte ſich wieder zu ihrem Sohne; der
Schreiber ging. — „Friedrich, wie iſt dir?“ ſagte
die Mutter; „haſt du wohl gehört? ſchrecklich,
ſchrecklich! ohne Beichte und Abſolution!“ —
„Mutter, Mutter, um Gotteswillen, laß mich
ſchlafen; ich kann nicht mehr!“
In dieſem Augenblicke trat Johannes Niemand
in die Kammer; dünn und lang wie eine Hopfen-
ſtange, aber zerlumpt und ſcheu, wie wir ihn vor
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