wollt, die sind dort an der Buche hinaufgegangen." "An der Buche?" sagte Brandes zweifelhaft, "nein, dort hinüber, nach dem Mastergrunde." -- "Ich sage Euch, an der Buche; des langen Heinrich Flintenriemen blieb noch am krummen Ast dort hängen; ich hab's ja gesehen!"
Der Förster schlug den bezeichneten Weg ein.
Friedrich hatte die ganze Zeit hindurch seine Stellung nicht verlassen, halb liegend, den Arm um einen dürren Ast geschlungen, sah er dem Fort- gehenden unverrückt nach, wie er durch den halb- verwachsenen Steig glitt, mit den vorsichtigen weiten Schritten seines Metiers, so geräuschlos wie ein Luchs die Hühnerstiege erklimmt. Hier sank ein Zweig hinter ihm, dort einer; die Umrisse seiner Gestalt schwanden immer mehr. Da blitzte es noch einmal durch's Laub. Es war ein Stahlknopf seines Jagdrocks; nun war er fort. Friedrichs Gesicht hatte während dieses allmähligen Ver- schwindens den Ausdruck seiner Kälte verloren und seine Züge schienen zuletzt unruhig bewegt. Gereute es ihn vielleicht, den Förster nicht um Verschweigung seiner Angaben gebeten zu baben? Er ging einige Schritte voran, blieb dann stehen. "Es ist zu spät," sagte er vor sich hin und griff nach seinem Hute. Ein leises Picken im Gebüsche, nicht zwanzig Schritte von ihm. Es war der Förster, der den
wollt, die ſind dort an der Buche hinaufgegangen.“ „An der Buche?“ ſagte Brandes zweifelhaft, „nein, dort hinüber, nach dem Maſtergrunde.“ — „Ich ſage Euch, an der Buche; des langen Heinrich Flintenriemen blieb noch am krummen Aſt dort hängen; ich hab’s ja geſehen!“
Der Förſter ſchlug den bezeichneten Weg ein.
Friedrich hatte die ganze Zeit hindurch ſeine Stellung nicht verlaſſen, halb liegend, den Arm um einen dürren Aſt geſchlungen, ſah er dem Fort- gehenden unverrückt nach, wie er durch den halb- verwachſenen Steig glitt, mit den vorſichtigen weiten Schritten ſeines Metiers, ſo geräuſchlos wie ein Luchs die Hühnerſtiege erklimmt. Hier ſank ein Zweig hinter ihm, dort einer; die Umriſſe ſeiner Geſtalt ſchwanden immer mehr. Da blitzte es noch einmal durch’s Laub. Es war ein Stahlknopf ſeines Jagdrocks; nun war er fort. Friedrichs Geſicht hatte während dieſes allmähligen Ver- ſchwindens den Ausdruck ſeiner Kälte verloren und ſeine Züge ſchienen zuletzt unruhig bewegt. Gereute es ihn vielleicht, den Förſter nicht um Verſchweigung ſeiner Angaben gebeten zu baben? Er ging einige Schritte voran, blieb dann ſtehen. „Es iſt zu ſpät,“ ſagte er vor ſich hin und griff nach ſeinem Hute. Ein leiſes Picken im Gebüſche, nicht zwanzig Schritte von ihm. Es war der Förſter, der den
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wollt, die ſind dort an der Buche hinaufgegangen.“
„An der Buche?“ ſagte Brandes zweifelhaft, „nein,
dort hinüber, nach dem Maſtergrunde.“ — „Ich
ſage Euch, an der Buche; des langen Heinrich
Flintenriemen blieb noch am krummen Aſt dort
hängen; ich hab’s ja geſehen!“
Der Förſter ſchlug den bezeichneten Weg ein.
Friedrich hatte die ganze Zeit hindurch ſeine
Stellung nicht verlaſſen, halb liegend, den Arm
um einen dürren Aſt geſchlungen, ſah er dem Fort-
gehenden unverrückt nach, wie er durch den halb-
verwachſenen Steig glitt, mit den vorſichtigen weiten
Schritten ſeines Metiers, ſo geräuſchlos wie ein
Luchs die Hühnerſtiege erklimmt. Hier ſank ein
Zweig hinter ihm, dort einer; die Umriſſe ſeiner
Geſtalt ſchwanden immer mehr. Da blitzte es noch
einmal durch’s Laub. Es war ein Stahlknopf
ſeines Jagdrocks; nun war er fort. Friedrichs
Geſicht hatte während dieſes allmähligen Ver-
ſchwindens den Ausdruck ſeiner Kälte verloren und
ſeine Züge ſchienen zuletzt unruhig bewegt. Gereute
es ihn vielleicht, den Förſter nicht um Verſchweigung
ſeiner Angaben gebeten zu baben? Er ging einige
Schritte voran, blieb dann ſtehen. „Es iſt zu
ſpät,“ ſagte er vor ſich hin und griff nach ſeinem
Hute. Ein leiſes Picken im Gebüſche, nicht zwanzig
Schritte von ihm. Es war der Förſter, der den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/196>, abgerufen am 28.06.2024.
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