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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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Laßt mich an meines Seees Bord,
Mich schaukelnd mit dem Wellenstrich,
Allein mit meinem Zauberwort,
Dem Alpengeist und meinem Ich.
Verlassen, aber einsam nicht,
Erschüttert, aber nicht erdrückt,
So lange noch das heil'ge Licht
Auf mich mit Liebesaugen blickt.
So lange mir der frische Wald
Gesang aus jedem Blatte rauscht,
Aus jeder Klippe, jedem Spalt,
Befreundet mir der Else lauscht.
So lange sich der Arm mir frei
Und waltend noch zum Aether streckt,
Und jedes wilden Geiers Schrei
In mir die milde Muse weckt.

Laßt mich an meines Seees Bord,
Mich ſchaukelnd mit dem Wellenſtrich,
Allein mit meinem Zauberwort,
Dem Alpengeiſt und meinem Ich.
Verlaſſen, aber einſam nicht,
Erſchüttert, aber nicht erdrückt,
So lange noch das heil’ge Licht
Auf mich mit Liebesaugen blickt.
So lange mir der friſche Wald
Geſang aus jedem Blatte rauſcht,
Aus jeder Klippe, jedem Spalt,
Befreundet mir der Elſe lauſcht.
So lange ſich der Arm mir frei
Und waltend noch zum Aether ſtreckt,
Und jedes wilden Geiers Schrei
In mir die milde Muſe weckt.

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[118/0134] Laßt mich an meines Seees Bord, Mich ſchaukelnd mit dem Wellenſtrich, Allein mit meinem Zauberwort, Dem Alpengeiſt und meinem Ich. Verlaſſen, aber einſam nicht, Erſchüttert, aber nicht erdrückt, So lange noch das heil’ge Licht Auf mich mit Liebesaugen blickt. So lange mir der friſche Wald Geſang aus jedem Blatte rauſcht, Aus jeder Klippe, jedem Spalt, Befreundet mir der Elſe lauſcht. So lange ſich der Arm mir frei Und waltend noch zum Aether ſtreckt, Und jedes wilden Geiers Schrei In mir die milde Muſe weckt.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/134>, abgerufen am 23.11.2024.