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Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ungarn, und im Herbst ging der Krieg mit den Türken los. Ich kann nicht viel davon nachsagen, denn ich wurde gleich in der ersten Affäre gefangen, und ich bin seitdem sechsundzwanzig Jahre in der türkischen Sklaverei gewesen! -- Gott im Himmel! das ist doch schrecklich! sagte Frau von S. -- Schlimm genug! Die Türken halten uns Christen nicht besser als Hunde; das Schlimmste war, daß meine Kräfte unter der harten Arbeit vergingen; ich ward auch älter und sollte noch immer thun wie vor Jahren.

Er schwieg eine Weile.

Ja, sagte er dann, es ging über Menschenkräfte und Menschengeduld; ich hielt es auch nicht aus. -- Von da kam ich auf ein holländisches Schiff. -- Wie kamst du denn dahin? fragte der Gutsherr. -- Sie fischten mich auf aus dem Bosporus, versetzte Johannes. Der Baron sah ihn befremdet an und hob den Finger warnend auf; aber Johannes erzählte weiter.

Auf dem Schiffe war es ihm nicht viel besser gegangen. Der Scorbut riß ein; wer nicht ganz elend war, mußte über Macht arbeiten, und das Schiffstau regierte eben so streng, wie die türkische Peitsche.

Endlich, schloß er, als wir nach Holland kamen, nach Amsterdam, ließ man mich frei, weil ich unbrauchbar war, und der Kaufmann, dem das Schiff gehörte, hatte auch Mitleiden mit mir und wollte mich zu seinem Pförtner machen. Aber -- er schüttelte den Kopf -- ich bettelte mich lieber durch bis hieher. -- Das war

Ungarn, und im Herbst ging der Krieg mit den Türken los. Ich kann nicht viel davon nachsagen, denn ich wurde gleich in der ersten Affäre gefangen, und ich bin seitdem sechsundzwanzig Jahre in der türkischen Sklaverei gewesen! — Gott im Himmel! das ist doch schrecklich! sagte Frau von S. — Schlimm genug! Die Türken halten uns Christen nicht besser als Hunde; das Schlimmste war, daß meine Kräfte unter der harten Arbeit vergingen; ich ward auch älter und sollte noch immer thun wie vor Jahren.

Er schwieg eine Weile.

Ja, sagte er dann, es ging über Menschenkräfte und Menschengeduld; ich hielt es auch nicht aus. — Von da kam ich auf ein holländisches Schiff. — Wie kamst du denn dahin? fragte der Gutsherr. — Sie fischten mich auf aus dem Bosporus, versetzte Johannes. Der Baron sah ihn befremdet an und hob den Finger warnend auf; aber Johannes erzählte weiter.

Auf dem Schiffe war es ihm nicht viel besser gegangen. Der Scorbut riß ein; wer nicht ganz elend war, mußte über Macht arbeiten, und das Schiffstau regierte eben so streng, wie die türkische Peitsche.

Endlich, schloß er, als wir nach Holland kamen, nach Amsterdam, ließ man mich frei, weil ich unbrauchbar war, und der Kaufmann, dem das Schiff gehörte, hatte auch Mitleiden mit mir und wollte mich zu seinem Pförtner machen. Aber — er schüttelte den Kopf — ich bettelte mich lieber durch bis hieher. — Das war

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[0073] Ungarn, und im Herbst ging der Krieg mit den Türken los. Ich kann nicht viel davon nachsagen, denn ich wurde gleich in der ersten Affäre gefangen, und ich bin seitdem sechsundzwanzig Jahre in der türkischen Sklaverei gewesen! — Gott im Himmel! das ist doch schrecklich! sagte Frau von S. — Schlimm genug! Die Türken halten uns Christen nicht besser als Hunde; das Schlimmste war, daß meine Kräfte unter der harten Arbeit vergingen; ich ward auch älter und sollte noch immer thun wie vor Jahren. Er schwieg eine Weile. Ja, sagte er dann, es ging über Menschenkräfte und Menschengeduld; ich hielt es auch nicht aus. — Von da kam ich auf ein holländisches Schiff. — Wie kamst du denn dahin? fragte der Gutsherr. — Sie fischten mich auf aus dem Bosporus, versetzte Johannes. Der Baron sah ihn befremdet an und hob den Finger warnend auf; aber Johannes erzählte weiter. Auf dem Schiffe war es ihm nicht viel besser gegangen. Der Scorbut riß ein; wer nicht ganz elend war, mußte über Macht arbeiten, und das Schiffstau regierte eben so streng, wie die türkische Peitsche. Endlich, schloß er, als wir nach Holland kamen, nach Amsterdam, ließ man mich frei, weil ich unbrauchbar war, und der Kaufmann, dem das Schiff gehörte, hatte auch Mitleiden mit mir und wollte mich zu seinem Pförtner machen. Aber — er schüttelte den Kopf — ich bettelte mich lieber durch bis hieher. — Das war

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:10:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:10:05Z)

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910/73>, abgerufen am 25.11.2024.