Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gend an den Herd und legte frisches Reisig zu. --- Ein Bett können wir Euch nicht geben, sagte sie; aber ich will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch schon so behelfen. -- Gott's Lohn! versetzte der Fremder; ich bin's wohl schlechter gewohnt. -- Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand erkannt, und er selbst besthätigte, daß er Derselbe sei, der einst mit Friedrich Mergel entflohen. Das Dorf war am folgenden Tage voll von den Abenteuern des so lange Verschollenen. Jeder wollte den Mann aus der Türkei sehen, und man wunderte sich beinahe, daß er noch aussehe, wie andere Menschen. Das junge Volk hatte zwar keine Erinnerungen von ihm, aber die Alten fanden seine Züge noch ganz Wohl heraus, so erbärmlich entstellt er auch war. Johannes, Johannes, was seid Ihr grau geworden! sagte eine alte Frau. Und woher habt Ihr den schiefen Hals? -- Vom Holz und Wasser tragen in der Sklaverei, versetzte er. Und was ist aus Mergel geworden? Ihr seid doch zusammen fortgelaufen? Freilich wohl; aber ich weiß nicht, wo er ist, wir sind von einander gekommen. Wenn Ihr an ihn denkt, betet für ihn, fügte er hinzu, er wird es wohl nöthig haben! Man fragte ihn, warum Friedrich sich denn aus dem Staube gemacht, da er den Juden doch nicht gend an den Herd und legte frisches Reisig zu. —- Ein Bett können wir Euch nicht geben, sagte sie; aber ich will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch schon so behelfen. — Gott's Lohn! versetzte der Fremder; ich bin's wohl schlechter gewohnt. — Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand erkannt, und er selbst besthätigte, daß er Derselbe sei, der einst mit Friedrich Mergel entflohen. Das Dorf war am folgenden Tage voll von den Abenteuern des so lange Verschollenen. Jeder wollte den Mann aus der Türkei sehen, und man wunderte sich beinahe, daß er noch aussehe, wie andere Menschen. Das junge Volk hatte zwar keine Erinnerungen von ihm, aber die Alten fanden seine Züge noch ganz Wohl heraus, so erbärmlich entstellt er auch war. Johannes, Johannes, was seid Ihr grau geworden! sagte eine alte Frau. Und woher habt Ihr den schiefen Hals? — Vom Holz und Wasser tragen in der Sklaverei, versetzte er. Und was ist aus Mergel geworden? Ihr seid doch zusammen fortgelaufen? Freilich wohl; aber ich weiß nicht, wo er ist, wir sind von einander gekommen. Wenn Ihr an ihn denkt, betet für ihn, fügte er hinzu, er wird es wohl nöthig haben! Man fragte ihn, warum Friedrich sich denn aus dem Staube gemacht, da er den Juden doch nicht <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0069"/> gend an den Herd und legte frisches Reisig zu. —- Ein Bett können wir Euch nicht geben, sagte sie; aber ich will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch schon so behelfen. — Gott's Lohn! versetzte der Fremder; ich bin's wohl schlechter gewohnt. — Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand erkannt, und er selbst besthätigte, daß er Derselbe sei, der einst mit Friedrich Mergel entflohen.</p><lb/> <p>Das Dorf war am folgenden Tage voll von den Abenteuern des so lange Verschollenen.</p><lb/> <p>Jeder wollte den Mann aus der Türkei sehen, und man wunderte sich beinahe, daß er noch aussehe, wie andere Menschen. Das junge Volk hatte zwar keine Erinnerungen von ihm, aber die Alten fanden seine Züge noch ganz Wohl heraus, so erbärmlich entstellt er auch war.</p><lb/> <p>Johannes, Johannes, was seid Ihr grau geworden! sagte eine alte Frau. Und woher habt Ihr den schiefen Hals? — Vom Holz und Wasser tragen in der Sklaverei, versetzte er.</p><lb/> <p>Und was ist aus Mergel geworden? Ihr seid doch zusammen fortgelaufen?</p><lb/> <p>Freilich wohl; aber ich weiß nicht, wo er ist, wir sind von einander gekommen. Wenn Ihr an ihn denkt, betet für ihn, fügte er hinzu, er wird es wohl nöthig haben!</p><lb/> <p>Man fragte ihn, warum Friedrich sich denn aus dem Staube gemacht, da er den Juden doch nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
gend an den Herd und legte frisches Reisig zu. —- Ein Bett können wir Euch nicht geben, sagte sie; aber ich will hier eine gute Streu machen; Ihr müßt Euch schon so behelfen. — Gott's Lohn! versetzte der Fremder; ich bin's wohl schlechter gewohnt. — Der Heimgekehrte ward als Johannes Niemand erkannt, und er selbst besthätigte, daß er Derselbe sei, der einst mit Friedrich Mergel entflohen.
Das Dorf war am folgenden Tage voll von den Abenteuern des so lange Verschollenen.
Jeder wollte den Mann aus der Türkei sehen, und man wunderte sich beinahe, daß er noch aussehe, wie andere Menschen. Das junge Volk hatte zwar keine Erinnerungen von ihm, aber die Alten fanden seine Züge noch ganz Wohl heraus, so erbärmlich entstellt er auch war.
Johannes, Johannes, was seid Ihr grau geworden! sagte eine alte Frau. Und woher habt Ihr den schiefen Hals? — Vom Holz und Wasser tragen in der Sklaverei, versetzte er.
Und was ist aus Mergel geworden? Ihr seid doch zusammen fortgelaufen?
Freilich wohl; aber ich weiß nicht, wo er ist, wir sind von einander gekommen. Wenn Ihr an ihn denkt, betet für ihn, fügte er hinzu, er wird es wohl nöthig haben!
Man fragte ihn, warum Friedrich sich denn aus dem Staube gemacht, da er den Juden doch nicht
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Zitationshilfe: | Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910/69>, abgerufen am 16.02.2025. |