Zur Zeit der Scheide zwischen Nacht und Tag, Als wie ein siecher Greis die Haide lag Und ihr Gestöhn des Mooses Teppich regte, Krankhafte Funken im verwirrten Haar Elektrisch blitzten, und, ein dunkler Mahr, Sich über sie die Wolkenschichte legte;
Zu dieser Dämmerstunde war's, als ich Einsam hinaus mit meinen Sorgen schlich, Und wenig dachte, was es draußen treibe. Nachdenklich schritt ich, und bemerkte nicht Des Krautes Wallen und des Wurmes Licht, Ich sah auch nicht, als stieg die Mondesscheibe.
Grad war der Weg, ganz sonder Steg und Bruch; So träumt ich fort und, wie ein schlechtes Buch, Ein Pfennigs-Magazin uns auf der Reise Von Station zu Stationen plagt, Hab' zehnmal Weggeworf'nes ich benagt, Und fortgeleiert überdrüß'ge Weise.
Entwürfe wurden aus Entwürfen reif, Doch, wie die Schlange packt den eignen Schweif, Fand ich mich immer auf derselben Stelle; Da plötzlich fuhr ein plumper Schröter jach An's Auge mir, ich schreckte auf und lag Am Grund, um mich des Haidekrautes Welle.
Der Hünenſtein.
Zur Zeit der Scheide zwiſchen Nacht und Tag, Als wie ein ſiecher Greis die Haide lag Und ihr Geſtöhn des Mooſes Teppich regte, Krankhafte Funken im verwirrten Haar Elektriſch blitzten, und, ein dunkler Mahr, Sich über ſie die Wolkenſchichte legte;
Zu dieſer Dämmerſtunde war's, als ich Einſam hinaus mit meinen Sorgen ſchlich, Und wenig dachte, was es draußen treibe. Nachdenklich ſchritt ich, und bemerkte nicht Des Krautes Wallen und des Wurmes Licht, Ich ſah auch nicht, als ſtieg die Mondesſcheibe.
Grad war der Weg, ganz ſonder Steg und Bruch; So träumt ich fort und, wie ein ſchlechtes Buch, Ein Pfennigs-Magazin uns auf der Reiſe Von Station zu Stationen plagt, Hab' zehnmal Weggeworf'nes ich benagt, Und fortgeleiert überdrüß'ge Weiſe.
Entwürfe wurden aus Entwürfen reif, Doch, wie die Schlange packt den eignen Schweif, Fand ich mich immer auf derſelben Stelle; Da plötzlich fuhr ein plumper Schröter jach An's Auge mir, ich ſchreckte auf und lag Am Grund, um mich des Haidekrautes Welle.
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Der Hünenſtein.
Zur Zeit der Scheide zwiſchen Nacht und Tag,
Als wie ein ſiecher Greis die Haide lag
Und ihr Geſtöhn des Mooſes Teppich regte,
Krankhafte Funken im verwirrten Haar
Elektriſch blitzten, und, ein dunkler Mahr,
Sich über ſie die Wolkenſchichte legte;
Zu dieſer Dämmerſtunde war's, als ich
Einſam hinaus mit meinen Sorgen ſchlich,
Und wenig dachte, was es draußen treibe.
Nachdenklich ſchritt ich, und bemerkte nicht
Des Krautes Wallen und des Wurmes Licht,
Ich ſah auch nicht, als ſtieg die Mondesſcheibe.
Grad war der Weg, ganz ſonder Steg und Bruch;
So träumt ich fort und, wie ein ſchlechtes Buch,
Ein Pfennigs-Magazin uns auf der Reiſe
Von Station zu Stationen plagt,
Hab' zehnmal Weggeworf'nes ich benagt,
Und fortgeleiert überdrüß'ge Weiſe.
Entwürfe wurden aus Entwürfen reif,
Doch, wie die Schlange packt den eignen Schweif,
Fand ich mich immer auf derſelben Stelle;
Da plötzlich fuhr ein plumper Schröter jach
An's Auge mir, ich ſchreckte auf und lag
Am Grund, um mich des Haidekrautes Welle.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/69>, abgerufen am 16.02.2025.
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