Neid' uns! neid' uns! lass' die Zweige hangen, Nicht weil flüssigen Kristall wir trinken, Neben uns des Himmels Sterne blinken, Sonne sich in unserm Netz gefangen -- Nein, des Teiches Blutsverwandte, fest Hält er all uns an die Brust gepreßt, Und wir bohren uns're feinen Ranken In das Herz ihm, wie ein liebend Weib, Dringen Adern gleich durch seinen Leib, Dämmern auf wie seines Traums Gedanken; Wer uns kennt, der nennt uns lieb und treu, Und die Schmerle birgt in uns'rer Hut Und die Karpfenmutter ihre Brut; Welle mag in unserm Schleier kosen; Uns nur traut die holde Wasserfey, Sie, die Schöne, lieblicher als Rosen. Schleuß, Trifolium, * die Glocken auf, Kurz dein Tag, doch königlich sein Lauf!
Kinder am Ufer.
O sieh doch! siehst du nicht die Blumenwolke Da drüben in dem tiefsten Weiherkolke? O! das ist schön! hätt' ich nur einen Stecken, Schmalzweiße Kelch' mit dunkelrothen Flecken,
*Trifolium, Dreiblatt, Menianthes trifoliata. L. Biberklee. Eine Wasserpflanze, die nur in sehr tiefem Wasser wächst, mit schöner aber sehr vergänglicher Blüthe.
Die Waſſerfäden.
Neid' uns! neid' uns! laſſ' die Zweige hangen, Nicht weil flüſſigen Kriſtall wir trinken, Neben uns des Himmels Sterne blinken, Sonne ſich in unſerm Netz gefangen — Nein, des Teiches Blutsverwandte, feſt Hält er all uns an die Bruſt gepreßt, Und wir bohren unſ're feinen Ranken In das Herz ihm, wie ein liebend Weib, Dringen Adern gleich durch ſeinen Leib, Dämmern auf wie ſeines Traums Gedanken; Wer uns kennt, der nennt uns lieb und treu, Und die Schmerle birgt in unſ'rer Hut Und die Karpfenmutter ihre Brut; Welle mag in unſerm Schleier koſen; Uns nur traut die holde Waſſerfey, Sie, die Schöne, lieblicher als Roſen. Schleuß, Trifolium, * die Glocken auf, Kurz dein Tag, doch königlich ſein Lauf!
Kinder am Ufer.
O ſieh doch! ſiehſt du nicht die Blumenwolke Da drüben in dem tiefſten Weiherkolke? O! das iſt ſchön! hätt' ich nur einen Stecken, Schmalzweiße Kelch' mit dunkelrothen Flecken,
*Trifolium, Dreiblatt, Menianthes trifoliata. L. Biberklee. Eine Waſſerpflanze, die nur in ſehr tiefem Waſſer wächst, mit ſchöner aber ſehr vergänglicher Blüthe.
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Die Waſſerfäden.
Neid' uns! neid' uns! laſſ' die Zweige hangen,
Nicht weil flüſſigen Kriſtall wir trinken,
Neben uns des Himmels Sterne blinken,
Sonne ſich in unſerm Netz gefangen —
Nein, des Teiches Blutsverwandte, feſt
Hält er all uns an die Bruſt gepreßt,
Und wir bohren unſ're feinen Ranken
In das Herz ihm, wie ein liebend Weib,
Dringen Adern gleich durch ſeinen Leib,
Dämmern auf wie ſeines Traums Gedanken;
Wer uns kennt, der nennt uns lieb und treu,
Und die Schmerle birgt in unſ'rer Hut
Und die Karpfenmutter ihre Brut;
Welle mag in unſerm Schleier koſen;
Uns nur traut die holde Waſſerfey,
Sie, die Schöne, lieblicher als Roſen.
Schleuß, Trifolium, * die Glocken auf,
Kurz dein Tag, doch königlich ſein Lauf!
Kinder am Ufer.
O ſieh doch! ſiehſt du nicht die Blumenwolke
Da drüben in dem tiefſten Weiherkolke?
O! das iſt ſchön! hätt' ich nur einen Stecken,
Schmalzweiße Kelch' mit dunkelrothen Flecken,
* Trifolium, Dreiblatt, Menianthes trifoliata. L. Biberklee. Eine
Waſſerpflanze, die nur in ſehr tiefem Waſſer wächst, mit ſchöner aber ſehr
vergänglicher Blüthe.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/67>, abgerufen am 22.02.2025.
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