Dann still -- "Wer hätte das geglaubt!" Die Worte sprach der Herzog blos, Als er sich langsam hob vom Moos.
Nicht mehr am Baume Tilly lag; Bevor der Pulverdampf verflog, Feldein er wie ein Reiher zog, Geborgen von des Qualmes Haag. Doch öfters noch mußt' er sich stellen, Wenn grad' der Mond die klaren Wellen Zog über eine Fläche nah; Und dicht am Herzog stand er da, Auf dreißig Schritte sah er ihn So schußgerecht und ruhig knien, Sah ganz genau die Liebeslocke11 Sich streichen an der Binsenflocke. Brav war der Albrecht, aber wild, Schier Blut ihm aus den Augen quillt; Und war ihm ein Pistol zur Hand, Ich fürcht', er hätt' es abgebrannt, Obwohl es ewig ihn gereut. Doch nun die Strecke war zu weit, Das Schwert zu kurz; er duckt am Strauch: Und wenn ein wandernd Wölkchen leicht Sich über Himmelsauge streicht, Er fürder gleitet wie ein Hauch. Und war der Herzog in Gefahr, Weit mehr noch Tilly, offenbar; Daß keiner ihn der Späher sah, Fast wie ein Wunder steht es da.
Dann ſtill — „Wer hätte das geglaubt!“ Die Worte ſprach der Herzog blos, Als er ſich langſam hob vom Moos.
Nicht mehr am Baume Tilly lag; Bevor der Pulverdampf verflog, Feldein er wie ein Reiher zog, Geborgen von des Qualmes Haag. Doch öfters noch mußt' er ſich ſtellen, Wenn grad' der Mond die klaren Wellen Zog über eine Fläche nah; Und dicht am Herzog ſtand er da, Auf dreißig Schritte ſah er ihn So ſchußgerecht und ruhig knien, Sah ganz genau die Liebeslocke11 Sich ſtreichen an der Binſenflocke. Brav war der Albrecht, aber wild, Schier Blut ihm aus den Augen quillt; Und war ihm ein Piſtol zur Hand, Ich fürcht', er hätt' es abgebrannt, Obwohl es ewig ihn gereut. Doch nun die Strecke war zu weit, Das Schwert zu kurz; er duckt am Strauch: Und wenn ein wandernd Wölkchen leicht Sich über Himmelsauge ſtreicht, Er fürder gleitet wie ein Hauch. Und war der Herzog in Gefahr, Weit mehr noch Tilly, offenbar; Daß keiner ihn der Späher ſah, Faſt wie ein Wunder ſteht es da.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="8"><pbfacs="#f0560"n="546"/><l>Dann ſtill —„Wer hätte das geglaubt!“</l><lb/><l>Die Worte ſprach der Herzog blos,</l><lb/><l>Als er ſich langſam hob vom Moos.</l><lb/></lg><lgn="9"><l>Nicht mehr am Baume Tilly lag;</l><lb/><l>Bevor der Pulverdampf verflog,</l><lb/><l>Feldein er wie ein Reiher zog,</l><lb/><l>Geborgen von des Qualmes Haag.</l><lb/><l>Doch öfters noch mußt' er ſich ſtellen,</l><lb/><l>Wenn grad' der Mond die klaren Wellen</l><lb/><l>Zog über eine Fläche nah;</l><lb/><l>Und dicht am Herzog ſtand er da,</l><lb/><l>Auf dreißig Schritte ſah er ihn</l><lb/><l>So ſchußgerecht und ruhig knien,</l><lb/><l>Sah ganz genau die Liebeslocke11</l><lb/><l>Sich ſtreichen an der Binſenflocke.</l><lb/><l>Brav war der Albrecht, aber wild,</l><lb/><l>Schier Blut ihm aus den Augen quillt;</l><lb/><l>Und war ihm ein Piſtol zur Hand,</l><lb/><l>Ich fürcht', er hätt' es abgebrannt,</l><lb/><l>Obwohl es ewig ihn gereut.</l><lb/><l>Doch nun die Strecke war zu weit,</l><lb/><l>Das Schwert zu kurz; er duckt am Strauch:</l><lb/><l>Und wenn ein wandernd Wölkchen leicht</l><lb/><l>Sich über Himmelsauge ſtreicht,</l><lb/><l>Er fürder gleitet wie ein Hauch.</l><lb/><l>Und war der Herzog in Gefahr,</l><lb/><l>Weit mehr noch Tilly, offenbar;</l><lb/><l>Daß keiner ihn der Späher ſah,</l><lb/><l>Faſt wie ein Wunder ſteht es da.</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[546/0560]
Dann ſtill — „Wer hätte das geglaubt!“
Die Worte ſprach der Herzog blos,
Als er ſich langſam hob vom Moos.
Nicht mehr am Baume Tilly lag;
Bevor der Pulverdampf verflog,
Feldein er wie ein Reiher zog,
Geborgen von des Qualmes Haag.
Doch öfters noch mußt' er ſich ſtellen,
Wenn grad' der Mond die klaren Wellen
Zog über eine Fläche nah;
Und dicht am Herzog ſtand er da,
Auf dreißig Schritte ſah er ihn
So ſchußgerecht und ruhig knien,
Sah ganz genau die Liebeslocke11
Sich ſtreichen an der Binſenflocke.
Brav war der Albrecht, aber wild,
Schier Blut ihm aus den Augen quillt;
Und war ihm ein Piſtol zur Hand,
Ich fürcht', er hätt' es abgebrannt,
Obwohl es ewig ihn gereut.
Doch nun die Strecke war zu weit,
Das Schwert zu kurz; er duckt am Strauch:
Und wenn ein wandernd Wölkchen leicht
Sich über Himmelsauge ſtreicht,
Er fürder gleitet wie ein Hauch.
Und war der Herzog in Gefahr,
Weit mehr noch Tilly, offenbar;
Daß keiner ihn der Späher ſah,
Faſt wie ein Wunder ſteht es da.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/560>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.