Doch als ein wahrhaft frommer Mann Der Anholt stets sie zweimal sprach, Und einen Vers um Frieden dann Aufricht'gen Herzens sandte nach. Dann "Amen" und sein Augenlied Sich schloß. Doch Albrecht Tilly mied Den Schlaf, er mochte viel vertragen An Stürmen, Traben, Tanz und Jagen. Wenn todesmatt, nach heißen Tagen, Auf seine Streu der Reiter fiel: Trieb er noch Neckerei und Spiel. Klar ist die Nacht, von Sturmesbraus Die Sterne ruhen friedlich aus Im Aether, wolkenlos und rein, Und also fällt ihm eben ein, Recognosciren möcht' er reiten! Was ihm gestellt Fortunens Hand, Das Ziel, beschau'n von allen Seiten. Und sieh, dort trabt er über Land!
Vom Glockenthurme dröhnte just Die Mitternacht, und jede Lust, So Schauer nur gewähren mag, Schwerhauchend auf der Landschaft lag. Die Sterne standen kalt und klar, Kein Lüftchen hob des Mooses Haar, Das Thaugeperl' am Flechtenring Wie Feilstaub am Magneten hing. Weit, weit das Feld, ein graues Tuch, Johanniswürmchen hier und dort
Doch als ein wahrhaft frommer Mann Der Anholt ſtets ſie zweimal ſprach, Und einen Vers um Frieden dann Aufricht'gen Herzens ſandte nach. Dann „Amen“ und ſein Augenlied Sich ſchloß. Doch Albrecht Tilly mied Den Schlaf, er mochte viel vertragen An Stürmen, Traben, Tanz und Jagen. Wenn todesmatt, nach heißen Tagen, Auf ſeine Streu der Reiter fiel: Trieb er noch Neckerei und Spiel. Klar iſt die Nacht, von Sturmesbraus Die Sterne ruhen friedlich aus Im Aether, wolkenlos und rein, Und alſo fällt ihm eben ein, Recognosciren möcht' er reiten! Was ihm geſtellt Fortunens Hand, Das Ziel, beſchau'n von allen Seiten. Und ſieh, dort trabt er über Land!
Vom Glockenthurme dröhnte juſt Die Mitternacht, und jede Luſt, So Schauer nur gewähren mag, Schwerhauchend auf der Landſchaft lag. Die Sterne ſtanden kalt und klar, Kein Lüftchen hob des Mooſes Haar, Das Thaugeperl' am Flechtenring Wie Feilſtaub am Magneten hing. Weit, weit das Feld, ein graues Tuch, Johanniswürmchen hier und dort
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Doch als ein wahrhaft frommer Mann
Der Anholt ſtets ſie zweimal ſprach,
Und einen Vers um Frieden dann
Aufricht'gen Herzens ſandte nach.
Dann „Amen“ und ſein Augenlied
Sich ſchloß. Doch Albrecht Tilly mied
Den Schlaf, er mochte viel vertragen
An Stürmen, Traben, Tanz und Jagen.
Wenn todesmatt, nach heißen Tagen,
Auf ſeine Streu der Reiter fiel:
Trieb er noch Neckerei und Spiel.
Klar iſt die Nacht, von Sturmesbraus
Die Sterne ruhen friedlich aus
Im Aether, wolkenlos und rein,
Und alſo fällt ihm eben ein,
Recognosciren möcht' er reiten!
Was ihm geſtellt Fortunens Hand,
Das Ziel, beſchau'n von allen Seiten.
Und ſieh, dort trabt er über Land!
Vom Glockenthurme dröhnte juſt
Die Mitternacht, und jede Luſt,
So Schauer nur gewähren mag,
Schwerhauchend auf der Landſchaft lag.
Die Sterne ſtanden kalt und klar,
Kein Lüftchen hob des Mooſes Haar,
Das Thaugeperl' am Flechtenring
Wie Feilſtaub am Magneten hing.
Weit, weit das Feld, ein graues Tuch,
Johanniswürmchen hier und dort
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/550>, abgerufen am 22.11.2024.
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