"Ein treuer Diener schlechtem Herrn." "Hier murmelt Schönberg über'm Schach: "Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?" "Au roi!" versetzt der Holstein drauf. Das Spiel ist aus, sie stehen auf. Doch Schönborn noch bedächtig sprach: "Ihr Herr'n, es naht der jüngste Tag!"
Auf Schemel, Polster, wie sich's traf, Die Führer hatten sich gestreckt; So leicht und wachsam war ihr Schlaf, Ein Rispeln hätte sie geweckt. Noch hielt Graf Fürstenberg das Schwert, Die Flasche Lindler fest genug, Und Holstein zierlich lag am Heerd, Um seine Stirn ein seidnes Tuch. An Beten dachte Keiner heut; Sie ritten scharf und ritten weit Durch Regenguß und Sonnenglut: Ein Kreuz sie schlugen, damit gut. Nur Anholt mochte nie sich legen Ohn' Rosenkranz und Abendsegen; So eine Weile kniet' er jetzt; Und wie das Wort auch war gesetzt, Die Seele, die hinein er trug, That ihrem Schöpfer wohl genug. Nicht Viele gab's zu jener Zeit, So mochten ohne Bitterkeit In ihr Gebet die Feinde schließen, Die Formel müßte sie verdrießen.
„Ein treuer Diener ſchlechtem Herrn.“ „Hier murmelt Schönberg über'm Schach: „Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?“ „Au roi!“ verſetzt der Holſtein drauf. Das Spiel iſt aus, ſie ſtehen auf. Doch Schönborn noch bedächtig ſprach: „Ihr Herr'n, es naht der jüngſte Tag!“
Auf Schemel, Polſter, wie ſich's traf, Die Führer hatten ſich geſtreckt; So leicht und wachſam war ihr Schlaf, Ein Riſpeln hätte ſie geweckt. Noch hielt Graf Fürſtenberg das Schwert, Die Flaſche Lindler feſt genug, Und Holſtein zierlich lag am Heerd, Um ſeine Stirn ein ſeidnes Tuch. An Beten dachte Keiner heut; Sie ritten ſcharf und ritten weit Durch Regenguß und Sonnenglut: Ein Kreuz ſie ſchlugen, damit gut. Nur Anholt mochte nie ſich legen Ohn' Roſenkranz und Abendſegen; So eine Weile kniet' er jetzt; Und wie das Wort auch war geſetzt, Die Seele, die hinein er trug, That ihrem Schöpfer wohl genug. Nicht Viele gab's zu jener Zeit, So mochten ohne Bitterkeit In ihr Gebet die Feinde ſchließen, Die Formel müßte ſie verdrießen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="2"><pbfacs="#f0549"n="535"/><l>„Ein treuer Diener ſchlechtem Herrn.“</l><lb/><l>„Hier murmelt Schönberg über'm Schach:</l><lb/><l>„Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?“</l><lb/><l>„<hirendition="#aq">Au roi</hi>!“ verſetzt der Holſtein drauf.</l><lb/><l>Das Spiel iſt aus, ſie ſtehen auf.</l><lb/><l>Doch Schönborn noch bedächtig ſprach:</l><lb/><l>„Ihr Herr'n, es naht der jüngſte Tag!“</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Auf Schemel, Polſter, wie ſich's traf,</l><lb/><l>Die Führer hatten ſich geſtreckt;</l><lb/><l>So leicht und wachſam war ihr Schlaf,</l><lb/><l>Ein Riſpeln hätte ſie geweckt.</l><lb/><l>Noch hielt Graf Fürſtenberg das Schwert,</l><lb/><l>Die Flaſche Lindler feſt genug,</l><lb/><l>Und Holſtein zierlich lag am Heerd,</l><lb/><l>Um ſeine Stirn ein ſeidnes Tuch.</l><lb/><l>An Beten dachte Keiner heut;</l><lb/><l>Sie ritten ſcharf und ritten weit</l><lb/><l>Durch Regenguß und Sonnenglut:</l><lb/><l>Ein Kreuz ſie ſchlugen, damit gut.</l><lb/><l>Nur Anholt mochte nie ſich legen</l><lb/><l>Ohn' Roſenkranz und Abendſegen;</l><lb/><l>So eine Weile kniet' er jetzt;</l><lb/><l>Und wie das Wort auch war geſetzt,</l><lb/><l>Die Seele, die hinein er trug,</l><lb/><l>That ihrem Schöpfer wohl genug.</l><lb/><l>Nicht Viele gab's zu jener Zeit,</l><lb/><l>So mochten ohne Bitterkeit</l><lb/><l>In ihr Gebet die Feinde ſchließen,</l><lb/><l>Die Formel müßte ſie verdrießen.</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[535/0549]
„Ein treuer Diener ſchlechtem Herrn.“
„Hier murmelt Schönberg über'm Schach:
„Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?“
„Au roi!“ verſetzt der Holſtein drauf.
Das Spiel iſt aus, ſie ſtehen auf.
Doch Schönborn noch bedächtig ſprach:
„Ihr Herr'n, es naht der jüngſte Tag!“
Auf Schemel, Polſter, wie ſich's traf,
Die Führer hatten ſich geſtreckt;
So leicht und wachſam war ihr Schlaf,
Ein Riſpeln hätte ſie geweckt.
Noch hielt Graf Fürſtenberg das Schwert,
Die Flaſche Lindler feſt genug,
Und Holſtein zierlich lag am Heerd,
Um ſeine Stirn ein ſeidnes Tuch.
An Beten dachte Keiner heut;
Sie ritten ſcharf und ritten weit
Durch Regenguß und Sonnenglut:
Ein Kreuz ſie ſchlugen, damit gut.
Nur Anholt mochte nie ſich legen
Ohn' Roſenkranz und Abendſegen;
So eine Weile kniet' er jetzt;
Und wie das Wort auch war geſetzt,
Die Seele, die hinein er trug,
That ihrem Schöpfer wohl genug.
Nicht Viele gab's zu jener Zeit,
So mochten ohne Bitterkeit
In ihr Gebet die Feinde ſchließen,
Die Formel müßte ſie verdrießen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/549>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.