Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ein treuer Diener schlechtem Herrn."
"Hier murmelt Schönberg über'm Schach:
"Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?"
"Au roi!" versetzt der Holstein drauf.
Das Spiel ist aus, sie stehen auf.
Doch Schönborn noch bedächtig sprach:
"Ihr Herr'n, es naht der jüngste Tag!"

Auf Schemel, Polster, wie sich's traf,
Die Führer hatten sich gestreckt;
So leicht und wachsam war ihr Schlaf,
Ein Rispeln hätte sie geweckt.
Noch hielt Graf Fürstenberg das Schwert,
Die Flasche Lindler fest genug,
Und Holstein zierlich lag am Heerd,
Um seine Stirn ein seidnes Tuch.
An Beten dachte Keiner heut;
Sie ritten scharf und ritten weit
Durch Regenguß und Sonnenglut:
Ein Kreuz sie schlugen, damit gut.
Nur Anholt mochte nie sich legen
Ohn' Rosenkranz und Abendsegen;
So eine Weile kniet' er jetzt;
Und wie das Wort auch war gesetzt,
Die Seele, die hinein er trug,
That ihrem Schöpfer wohl genug.
Nicht Viele gab's zu jener Zeit,
So mochten ohne Bitterkeit
In ihr Gebet die Feinde schließen,
Die Formel müßte sie verdrießen.

„Ein treuer Diener ſchlechtem Herrn.“
„Hier murmelt Schönberg über'm Schach:
„Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?“
Au roi!“ verſetzt der Holſtein drauf.
Das Spiel iſt aus, ſie ſtehen auf.
Doch Schönborn noch bedächtig ſprach:
„Ihr Herr'n, es naht der jüngſte Tag!“

Auf Schemel, Polſter, wie ſich's traf,
Die Führer hatten ſich geſtreckt;
So leicht und wachſam war ihr Schlaf,
Ein Riſpeln hätte ſie geweckt.
Noch hielt Graf Fürſtenberg das Schwert,
Die Flaſche Lindler feſt genug,
Und Holſtein zierlich lag am Heerd,
Um ſeine Stirn ein ſeidnes Tuch.
An Beten dachte Keiner heut;
Sie ritten ſcharf und ritten weit
Durch Regenguß und Sonnenglut:
Ein Kreuz ſie ſchlugen, damit gut.
Nur Anholt mochte nie ſich legen
Ohn' Roſenkranz und Abendſegen;
So eine Weile kniet' er jetzt;
Und wie das Wort auch war geſetzt,
Die Seele, die hinein er trug,
That ihrem Schöpfer wohl genug.
Nicht Viele gab's zu jener Zeit,
So mochten ohne Bitterkeit
In ihr Gebet die Feinde ſchließen,
Die Formel müßte ſie verdrießen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="2">
                <pb facs="#f0549" n="535"/>
                <l>&#x201E;Ein treuer Diener &#x017F;chlechtem Herrn.&#x201C;</l><lb/>
                <l>&#x201E;Hier murmelt Schönberg über'm Schach:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?&#x201C;</l><lb/>
                <l>&#x201E;<hi rendition="#aq">Au roi</hi>!&#x201C; ver&#x017F;etzt der Hol&#x017F;tein drauf.</l><lb/>
                <l>Das Spiel i&#x017F;t aus, &#x017F;ie &#x017F;tehen auf.</l><lb/>
                <l>Doch Schönborn noch bedächtig &#x017F;prach:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ihr Herr'n, es naht der jüng&#x017F;te Tag!&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Auf Schemel, Pol&#x017F;ter, wie &#x017F;ich's traf,</l><lb/>
                <l>Die Führer hatten &#x017F;ich ge&#x017F;treckt;</l><lb/>
                <l>So leicht und wach&#x017F;am war ihr Schlaf,</l><lb/>
                <l>Ein Ri&#x017F;peln hätte &#x017F;ie geweckt.</l><lb/>
                <l>Noch hielt Graf Für&#x017F;tenberg das Schwert,</l><lb/>
                <l>Die Fla&#x017F;che Lindler fe&#x017F;t genug,</l><lb/>
                <l>Und Hol&#x017F;tein zierlich lag am Heerd,</l><lb/>
                <l>Um &#x017F;eine Stirn ein &#x017F;eidnes Tuch.</l><lb/>
                <l>An Beten dachte Keiner heut;</l><lb/>
                <l>Sie ritten &#x017F;charf und ritten weit</l><lb/>
                <l>Durch Regenguß und Sonnenglut:</l><lb/>
                <l>Ein Kreuz &#x017F;ie &#x017F;chlugen, damit gut.</l><lb/>
                <l>Nur Anholt mochte nie &#x017F;ich legen</l><lb/>
                <l>Ohn' Ro&#x017F;enkranz und Abend&#x017F;egen;</l><lb/>
                <l>So eine Weile kniet' er jetzt;</l><lb/>
                <l>Und wie das Wort auch war ge&#x017F;etzt,</l><lb/>
                <l>Die Seele, die hinein er trug,</l><lb/>
                <l>That ihrem Schöpfer wohl genug.</l><lb/>
                <l>Nicht Viele gab's zu jener Zeit,</l><lb/>
                <l>So mochten ohne Bitterkeit</l><lb/>
                <l>In ihr Gebet die Feinde &#x017F;chließen,</l><lb/>
                <l>Die Formel müßte &#x017F;ie verdrießen.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[535/0549] „Ein treuer Diener ſchlechtem Herrn.“ „Hier murmelt Schönberg über'm Schach: „Heißt Lucifer nicht auch ein Stern?“ „Au roi!“ verſetzt der Holſtein drauf. Das Spiel iſt aus, ſie ſtehen auf. Doch Schönborn noch bedächtig ſprach: „Ihr Herr'n, es naht der jüngſte Tag!“ Auf Schemel, Polſter, wie ſich's traf, Die Führer hatten ſich geſtreckt; So leicht und wachſam war ihr Schlaf, Ein Riſpeln hätte ſie geweckt. Noch hielt Graf Fürſtenberg das Schwert, Die Flaſche Lindler feſt genug, Und Holſtein zierlich lag am Heerd, Um ſeine Stirn ein ſeidnes Tuch. An Beten dachte Keiner heut; Sie ritten ſcharf und ritten weit Durch Regenguß und Sonnenglut: Ein Kreuz ſie ſchlugen, damit gut. Nur Anholt mochte nie ſich legen Ohn' Roſenkranz und Abendſegen; So eine Weile kniet' er jetzt; Und wie das Wort auch war geſetzt, Die Seele, die hinein er trug, That ihrem Schöpfer wohl genug. Nicht Viele gab's zu jener Zeit, So mochten ohne Bitterkeit In ihr Gebet die Feinde ſchließen, Die Formel müßte ſie verdrießen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/549
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/549>, abgerufen am 25.11.2024.