Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

"So leicht entglitten ist ein Hauch,
"So schwer gesühnt. Doch mein' ich auch,
"Frei anerkennen Feindes Muth
"Steht immer dem Soldaten gut,
"Und zeigt zum Grolle keine Spur."
Drauf Fürstenberg: "Das ist gewiß,
"Mein General! doch sag' ich dies:
"Wer so die menschliche Natur
"Im eignen Bruder kann zerstören,
"Daß der, mit Knittel, Sens' und Beil
"Den Bauern waffnend, schmählich Theil!
"Sich gen das eigne Blut muß kehren,5
"Um den in hundert Kirchen heut
"Beängstet steht die Christenheit:
"Erlös' uns, Herr! vom Halberstadt!6
"Gewiß, der ist im Marke matt;
"Und mehr noch jener, schlangenglatt,
"Der Winterkönig7, den man noch
"Bei Zabern8 sah, nachdem er doch
"Die Fürsten bat mit frommen Mienen
"Des Kaisers Majestät zu sühnen,
"Der so viel Märtyrer in Prag,
"Als gleich der Pest er drüber lag,
"Ließ bluten, daß so edle Spur
"Es trägt als Cöln, der Christen Ruhm,
"Und seine Oefen heizte nur
"Mit Kruzifix und Heiligthum:9
"Fürwahr, ein Stern der Braunschweig ist,
"Sofern man ihn mit Jenem mißt;
"Der kommt doch seinem Worte nach,

„So leicht entglitten iſt ein Hauch,
„So ſchwer geſühnt. Doch mein' ich auch,
„Frei anerkennen Feindes Muth
„Steht immer dem Soldaten gut,
„Und zeigt zum Grolle keine Spur.“
Drauf Fürſtenberg: „Das iſt gewiß,
„Mein General! doch ſag' ich dies:
„Wer ſo die menſchliche Natur
„Im eignen Bruder kann zerſtören,
„Daß der, mit Knittel, Senſ' und Beil
„Den Bauern waffnend, ſchmählich Theil!
„Sich gen das eigne Blut muß kehren,5
„Um den in hundert Kirchen heut
„Beängſtet ſteht die Chriſtenheit:
„Erlöſ' uns, Herr! vom Halberſtadt!6
„Gewiß, der iſt im Marke matt;
„Und mehr noch jener, ſchlangenglatt,
„Der Winterkönig7, den man noch
„Bei Zabern8 ſah, nachdem er doch
„Die Fürſten bat mit frommen Mienen
„Des Kaiſers Majeſtät zu ſühnen,
„Der ſo viel Märtyrer in Prag,
„Als gleich der Peſt er drüber lag,
„Ließ bluten, daß ſo edle Spur
„Es trägt als Cöln, der Chriſten Ruhm,
„Und ſeine Oefen heizte nur
„Mit Kruzifix und Heiligthum:9
„Fürwahr, ein Stern der Braunſchweig iſt,
„Sofern man ihn mit Jenem mißt;
„Der kommt doch ſeinem Worte nach,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="2">
                <pb facs="#f0548" n="534"/>
                <l>&#x201E;So leicht entglitten i&#x017F;t ein Hauch,</l><lb/>
                <l>&#x201E;So &#x017F;chwer ge&#x017F;ühnt. Doch mein' ich auch,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Frei anerkennen Feindes Muth</l><lb/>
                <l>&#x201E;Steht immer dem Soldaten gut,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und zeigt zum Grolle keine Spur.&#x201C;</l><lb/>
                <l>Drauf Für&#x017F;tenberg: &#x201E;Das i&#x017F;t gewiß,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Mein General! doch &#x017F;ag' ich dies:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Wer &#x017F;o die men&#x017F;chliche Natur</l><lb/>
                <l>&#x201E;Im eignen Bruder kann zer&#x017F;tören,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Daß der, mit Knittel, Sen&#x017F;' und Beil</l><lb/>
                <l>&#x201E;Den Bauern waffnend, &#x017F;chmählich Theil!</l><lb/>
                <l>&#x201E;Sich gen das eigne Blut muß kehren,5</l><lb/>
                <l>&#x201E;Um den in hundert Kirchen heut</l><lb/>
                <l>&#x201E;Beäng&#x017F;tet &#x017F;teht die Chri&#x017F;tenheit:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Erlö&#x017F;' uns, Herr! vom Halber&#x017F;tadt!6</l><lb/>
                <l>&#x201E;Gewiß, der i&#x017F;t im Marke matt;</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und mehr noch jener, &#x017F;chlangenglatt,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Der Winterkönig7, den man noch</l><lb/>
                <l>&#x201E;Bei Zabern8 &#x017F;ah, nachdem er doch</l><lb/>
                <l>&#x201E;Die Für&#x017F;ten bat mit frommen Mienen</l><lb/>
                <l>&#x201E;Des Kai&#x017F;ers Maje&#x017F;tät zu &#x017F;ühnen,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Der &#x017F;o viel Märtyrer in Prag,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Als gleich der Pe&#x017F;t er drüber lag,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ließ bluten, daß &#x017F;o edle Spur</l><lb/>
                <l>&#x201E;Es trägt als Cöln, der Chri&#x017F;ten Ruhm,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und &#x017F;eine Oefen heizte nur</l><lb/>
                <l>&#x201E;Mit Kruzifix und Heiligthum:9</l><lb/>
                <l>&#x201E;Fürwahr, ein Stern der Braun&#x017F;chweig i&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Sofern man ihn mit Jenem mißt;</l><lb/>
                <l>&#x201E;Der kommt doch &#x017F;einem Worte nach,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0548] „So leicht entglitten iſt ein Hauch, „So ſchwer geſühnt. Doch mein' ich auch, „Frei anerkennen Feindes Muth „Steht immer dem Soldaten gut, „Und zeigt zum Grolle keine Spur.“ Drauf Fürſtenberg: „Das iſt gewiß, „Mein General! doch ſag' ich dies: „Wer ſo die menſchliche Natur „Im eignen Bruder kann zerſtören, „Daß der, mit Knittel, Senſ' und Beil „Den Bauern waffnend, ſchmählich Theil! „Sich gen das eigne Blut muß kehren,5 „Um den in hundert Kirchen heut „Beängſtet ſteht die Chriſtenheit: „Erlöſ' uns, Herr! vom Halberſtadt!6 „Gewiß, der iſt im Marke matt; „Und mehr noch jener, ſchlangenglatt, „Der Winterkönig7, den man noch „Bei Zabern8 ſah, nachdem er doch „Die Fürſten bat mit frommen Mienen „Des Kaiſers Majeſtät zu ſühnen, „Der ſo viel Märtyrer in Prag, „Als gleich der Peſt er drüber lag, „Ließ bluten, daß ſo edle Spur „Es trägt als Cöln, der Chriſten Ruhm, „Und ſeine Oefen heizte nur „Mit Kruzifix und Heiligthum:9 „Fürwahr, ein Stern der Braunſchweig iſt, „Sofern man ihn mit Jenem mißt; „Der kommt doch ſeinem Worte nach,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/548
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/548>, abgerufen am 25.11.2024.