Wo ihm sein Bild entgegen steigt, Man meinte diese Zweie gleich, Sie müßten fassen sich am Teich. Lang schlürft er, gierig, tief geneigt, Nun faßt den Zaum die Eisenfaust, Und nun voran! Die Haide saus't, Das Laub von dem Gezweige stäubt Wie sich der Zug vorüber treibt, Und aufgejagten Sandes Wellen Sich lagern erst an fernen Stellen. Sie sind dahin -- des Hufes Spur Blieb am zerstampften Weiher nur. Doch in der Haide Nebelweiten Wie Vögelschwärme sieht man's gleiten; Es wimmelt längs der Wolkenbahn, Und wie die Eisenmänner nahn, Ein summend Jauchzen, hörbar kaum, Verzittert in der Ebne Raum. Und nun verschwimmt's im Nebelthau, Und wieder ist der Himmel blau, Und wieder friedlich liegt das Land. Doch schon an Horizontes Rand Steigt hier und dort ein wallend Roth: O wehe! das Panier der Noth! O wehe! wehe! Mord und Brand! Und durch die Ebne, halb wie Zagen Und halb wie Jauchzen, geht ein Schrei: "Der tolle Braunschweig ist geschlagen! Der tolle Herzog floh vorbei!"
Wo ihm ſein Bild entgegen ſteigt, Man meinte dieſe Zweie gleich, Sie müßten faſſen ſich am Teich. Lang ſchlürft er, gierig, tief geneigt, Nun faßt den Zaum die Eiſenfauſt, Und nun voran! Die Haide ſauſ't, Das Laub von dem Gezweige ſtäubt Wie ſich der Zug vorüber treibt, Und aufgejagten Sandes Wellen Sich lagern erſt an fernen Stellen. Sie ſind dahin — des Hufes Spur Blieb am zerſtampften Weiher nur. Doch in der Haide Nebelweiten Wie Vögelſchwärme ſieht man's gleiten; Es wimmelt längs der Wolkenbahn, Und wie die Eiſenmänner nahn, Ein ſummend Jauchzen, hörbar kaum, Verzittert in der Ebne Raum. Und nun verſchwimmt's im Nebelthau, Und wieder iſt der Himmel blau, Und wieder friedlich liegt das Land. Doch ſchon an Horizontes Rand Steigt hier und dort ein wallend Roth: O wehe! das Panier der Noth! O wehe! wehe! Mord und Brand! Und durch die Ebne, halb wie Zagen Und halb wie Jauchzen, geht ein Schrei: „Der tolle Braunſchweig iſt geſchlagen! Der tolle Herzog floh vorbei!“
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Wo ihm ſein Bild entgegen ſteigt,
Man meinte dieſe Zweie gleich,
Sie müßten faſſen ſich am Teich.
Lang ſchlürft er, gierig, tief geneigt,
Nun faßt den Zaum die Eiſenfauſt,
Und nun voran! Die Haide ſauſ't,
Das Laub von dem Gezweige ſtäubt
Wie ſich der Zug vorüber treibt,
Und aufgejagten Sandes Wellen
Sich lagern erſt an fernen Stellen.
Sie ſind dahin — des Hufes Spur
Blieb am zerſtampften Weiher nur.
Doch in der Haide Nebelweiten
Wie Vögelſchwärme ſieht man's gleiten;
Es wimmelt längs der Wolkenbahn,
Und wie die Eiſenmänner nahn,
Ein ſummend Jauchzen, hörbar kaum,
Verzittert in der Ebne Raum.
Und nun verſchwimmt's im Nebelthau,
Und wieder iſt der Himmel blau,
Und wieder friedlich liegt das Land.
Doch ſchon an Horizontes Rand
Steigt hier und dort ein wallend Roth:
O wehe! das Panier der Noth!
O wehe! wehe! Mord und Brand!
Und durch die Ebne, halb wie Zagen
Und halb wie Jauchzen, geht ein Schrei:
„Der tolle Braunſchweig iſt geſchlagen!
Der tolle Herzog floh vorbei!“
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/512>, abgerufen am 25.11.2024.
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