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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Schau, in das Ufer dichtumbuscht,
Ist schnell die kleine Schaar gehuscht.
Und immer näher trabt es an,
Und immer heller schwirrt's heran.
Nun sind sie da, ein starker Troß,
In Eisen starrend Mann und Roß;
Die Rüstung wohl des Glanzes baar,
Und manche Klinge schartig war,
Bevor sie kamen hier zur Stell'.
Sie sprengen an den Weiher schnell,
Dann mühsam beugend über'n Rand
Das Wasser schöpfen mit der Hand.
Und tief die heißen Nüstern tauchen,
Die Rosse, Gras und Binsen rauchen,
Man hört des Odems schweren Drang,
Und Worte fallen sonder Klang,
Als wollten sie in heis'ren Tönen
Hervor die müde Seele stöhnen.
Dort einer klirrt den Rain entlang
Zur Seite abgewendet schier,
Ein Andrer hält sein schnaubend Thier,
An seinem Hut ein Handschuh steckt
Vom Reiherbusche halb verdeckt;
Die Federn hangen drüber her,
Geknickt, von rothen Tropfen schwer.
Nun baarhaupt einen Augenblick,
Die Locken schiebt er wild zurück:
Nie sah man in so jungen Zügen
So tiefen Grolles Spuren liegen;
Ja, als er ob der Welle beugt,

v. Droste-Hülshof, Gedichte. 32

Schau, in das Ufer dichtumbuſcht,
Iſt ſchnell die kleine Schaar gehuſcht.
Und immer näher trabt es an,
Und immer heller ſchwirrt's heran.
Nun ſind ſie da, ein ſtarker Troß,
In Eiſen ſtarrend Mann und Roß;
Die Rüſtung wohl des Glanzes baar,
Und manche Klinge ſchartig war,
Bevor ſie kamen hier zur Stell'.
Sie ſprengen an den Weiher ſchnell,
Dann mühſam beugend über'n Rand
Das Waſſer ſchöpfen mit der Hand.
Und tief die heißen Nüſtern tauchen,
Die Roſſe, Gras und Binſen rauchen,
Man hört des Odems ſchweren Drang,
Und Worte fallen ſonder Klang,
Als wollten ſie in heiſ'ren Tönen
Hervor die müde Seele ſtöhnen.
Dort einer klirrt den Rain entlang
Zur Seite abgewendet ſchier,
Ein Andrer hält ſein ſchnaubend Thier,
An ſeinem Hut ein Handſchuh ſteckt
Vom Reiherbuſche halb verdeckt;
Die Federn hangen drüber her,
Geknickt, von rothen Tropfen ſchwer.
Nun baarhaupt einen Augenblick,
Die Locken ſchiebt er wild zurück:
Nie ſah man in ſo jungen Zügen
So tiefen Grolles Spuren liegen;
Ja, als er ob der Welle beugt,

v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 32
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[497/0511] Schau, in das Ufer dichtumbuſcht, Iſt ſchnell die kleine Schaar gehuſcht. Und immer näher trabt es an, Und immer heller ſchwirrt's heran. Nun ſind ſie da, ein ſtarker Troß, In Eiſen ſtarrend Mann und Roß; Die Rüſtung wohl des Glanzes baar, Und manche Klinge ſchartig war, Bevor ſie kamen hier zur Stell'. Sie ſprengen an den Weiher ſchnell, Dann mühſam beugend über'n Rand Das Waſſer ſchöpfen mit der Hand. Und tief die heißen Nüſtern tauchen, Die Roſſe, Gras und Binſen rauchen, Man hört des Odems ſchweren Drang, Und Worte fallen ſonder Klang, Als wollten ſie in heiſ'ren Tönen Hervor die müde Seele ſtöhnen. Dort einer klirrt den Rain entlang Zur Seite abgewendet ſchier, Ein Andrer hält ſein ſchnaubend Thier, An ſeinem Hut ein Handſchuh ſteckt Vom Reiherbuſche halb verdeckt; Die Federn hangen drüber her, Geknickt, von rothen Tropfen ſchwer. Nun baarhaupt einen Augenblick, Die Locken ſchiebt er wild zurück: Nie ſah man in ſo jungen Zügen So tiefen Grolles Spuren liegen; Ja, als er ob der Welle beugt, v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 32

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/511>, abgerufen am 22.11.2024.