Der Feldherr über Schlachtfelds Grab. Er kennt die Stege, jeden Stein: Ein Felsgeäder sichtbar kaum, Des Schneehuhns überjährig Nest, Geborgen in der Spalte Raum, Das Strombett sich nur wenig dehnend, Ein Block sich an den andern lehnend Stellt ihm sogleich die Richtung fest. Denn täglich in des Hunds Geleite Grüßt er die todtdurchhauchte Weite -- Ja, jeden Tag und ganz allein! Drum man zu diesem Amte schafft Den Besten stets an Muth und Kraft. Doch seht, wer mischt sich in den Zug? Gebeugt, mit angestrengtem Schritte Denis ist in der Brüder Mitte. Du Alter, hast du nicht genug Durch dreißig saure Jahr' getragen? Nein, heute muß er es schon wagen. Ihm Eleuthere, des Trägen, Wort Bohrt wie ein Dorn im Herzen fort. Da hilft kein Mahnen, kein Versagen: Sie sollen sehn, die Leute jung, Der Alte thut auch noch genung. Schau, wie voran in weiten Sprüngen Den starken Leib die Hunde schwingen, Dickmaulig, scheckig, lang von Haar, Fest in den Gliedern ganz und gar, Nicht Wachtelhund, nicht Dogge ganz, Halb Spaniens, halb Englands Race
Der Feldherr über Schlachtfelds Grab. Er kennt die Stege, jeden Stein: Ein Felsgeäder ſichtbar kaum, Des Schneehuhns überjährig Neſt, Geborgen in der Spalte Raum, Das Strombett ſich nur wenig dehnend, Ein Block ſich an den andern lehnend Stellt ihm ſogleich die Richtung feſt. Denn täglich in des Hunds Geleite Grüßt er die todtdurchhauchte Weite — Ja, jeden Tag und ganz allein! Drum man zu dieſem Amte ſchafft Den Beſten ſtets an Muth und Kraft. Doch ſeht, wer miſcht ſich in den Zug? Gebeugt, mit angeſtrengtem Schritte Denis iſt in der Brüder Mitte. Du Alter, haſt du nicht genug Durch dreißig ſaure Jahr' getragen? Nein, heute muß er es ſchon wagen. Ihm Eleuthère, des Trägen, Wort Bohrt wie ein Dorn im Herzen fort. Da hilft kein Mahnen, kein Verſagen: Sie ſollen ſehn, die Leute jung, Der Alte thut auch noch genung. Schau, wie voran in weiten Sprüngen Den ſtarken Leib die Hunde ſchwingen, Dickmaulig, ſcheckig, lang von Haar, Feſt in den Gliedern ganz und gar, Nicht Wachtelhund, nicht Dogge ganz, Halb Spaniens, halb Englands Race
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Der Feldherr über Schlachtfelds Grab.
Er kennt die Stege, jeden Stein:
Ein Felsgeäder ſichtbar kaum,
Des Schneehuhns überjährig Neſt,
Geborgen in der Spalte Raum,
Das Strombett ſich nur wenig dehnend,
Ein Block ſich an den andern lehnend
Stellt ihm ſogleich die Richtung feſt.
Denn täglich in des Hunds Geleite
Grüßt er die todtdurchhauchte Weite —
Ja, jeden Tag und ganz allein!
Drum man zu dieſem Amte ſchafft
Den Beſten ſtets an Muth und Kraft.
Doch ſeht, wer miſcht ſich in den Zug?
Gebeugt, mit angeſtrengtem Schritte
Denis iſt in der Brüder Mitte.
Du Alter, haſt du nicht genug
Durch dreißig ſaure Jahr' getragen?
Nein, heute muß er es ſchon wagen.
Ihm Eleuthère, des Trägen, Wort
Bohrt wie ein Dorn im Herzen fort.
Da hilft kein Mahnen, kein Verſagen:
Sie ſollen ſehn, die Leute jung,
Der Alte thut auch noch genung.
Schau, wie voran in weiten Sprüngen
Den ſtarken Leib die Hunde ſchwingen,
Dickmaulig, ſcheckig, lang von Haar,
Feſt in den Gliedern ganz und gar,
Nicht Wachtelhund, nicht Dogge ganz,
Halb Spaniens, halb Englands Race
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/451>, abgerufen am 22.11.2024.
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