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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Und in die ganze Wölbung steigt
Der Mond mit seinem Geisterblick.
Was noch verborgen war in Nacht
Wird an ein mattes Licht gebracht;
Aus allen Winkeln sieht man's rücken,
Was niedrig lag scheint aufzustehn,
Und was erhaben sich zu bücken.
Vorüber nun. In starrer Rast,
Wie Grabmal sich an Grabmal fast
In königlichen Grüften zeigt,
Am Boden schlummert das Gebein,
Und drüber her der Mann von Stein.
Um manchen Busen spielt der Schein,
Mich dünkt ich seh' ihn sinken, heben,
Und lange Athemzüge schweben.
Der arme Kleine wie bethört
An seines Vaters Busen fährt.
"Großvater, schau! die Bilder leben,
Sie athmen All und wollen gehn!"
Den Greis durchzuckt ein leises Beben:
"Sey still, es wird dir nichts geschehn."
Wohl denkt er an den nächt'gen Schein,
(Es fällt ihm manches Blendwerk ein,)
Und zögert dennoch aufzusehn.

Und wieder hebt der Knabe an:
"Dort auf dem Tische sitzt ein Mann;
Er sitzt nicht, nein -- er liegt schon wieder --
Und stand doch erst so eben auf."
Dann hebt die Aermchen er hinauf

Und in die ganze Wölbung ſteigt
Der Mond mit ſeinem Geiſterblick.
Was noch verborgen war in Nacht
Wird an ein mattes Licht gebracht;
Aus allen Winkeln ſieht man's rücken,
Was niedrig lag ſcheint aufzuſtehn,
Und was erhaben ſich zu bücken.
Vorüber nun. In ſtarrer Raſt,
Wie Grabmal ſich an Grabmal faſt
In königlichen Grüften zeigt,
Am Boden ſchlummert das Gebein,
Und drüber her der Mann von Stein.
Um manchen Buſen ſpielt der Schein,
Mich dünkt ich ſeh' ihn ſinken, heben,
Und lange Athemzüge ſchweben.
Der arme Kleine wie bethört
An ſeines Vaters Buſen fährt.
„Großvater, ſchau! die Bilder leben,
Sie athmen All und wollen gehn!“
Den Greis durchzuckt ein leiſes Beben:
„Sey ſtill, es wird dir nichts geſchehn.“
Wohl denkt er an den nächt'gen Schein,
(Es fällt ihm manches Blendwerk ein,)
Und zögert dennoch aufzuſehn.

Und wieder hebt der Knabe an:
„Dort auf dem Tiſche ſitzt ein Mann;
Er ſitzt nicht, nein — er liegt ſchon wieder —
Und ſtand doch erſt ſo eben auf.“
Dann hebt die Aermchen er hinauf
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[419/0433] Und in die ganze Wölbung ſteigt Der Mond mit ſeinem Geiſterblick. Was noch verborgen war in Nacht Wird an ein mattes Licht gebracht; Aus allen Winkeln ſieht man's rücken, Was niedrig lag ſcheint aufzuſtehn, Und was erhaben ſich zu bücken. Vorüber nun. In ſtarrer Raſt, Wie Grabmal ſich an Grabmal faſt In königlichen Grüften zeigt, Am Boden ſchlummert das Gebein, Und drüber her der Mann von Stein. Um manchen Buſen ſpielt der Schein, Mich dünkt ich ſeh' ihn ſinken, heben, Und lange Athemzüge ſchweben. Der arme Kleine wie bethört An ſeines Vaters Buſen fährt. „Großvater, ſchau! die Bilder leben, Sie athmen All und wollen gehn!“ Den Greis durchzuckt ein leiſes Beben: „Sey ſtill, es wird dir nichts geſchehn.“ Wohl denkt er an den nächt'gen Schein, (Es fällt ihm manches Blendwerk ein,) Und zögert dennoch aufzuſehn. Und wieder hebt der Knabe an: „Dort auf dem Tiſche ſitzt ein Mann; Er ſitzt nicht, nein — er liegt ſchon wieder — Und ſtand doch erſt ſo eben auf.“ Dann hebt die Aermchen er hinauf

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/433>, abgerufen am 22.11.2024.