Berührt ein menschlich Angesicht, Fürwahr zum letzten Mal, das Licht. Wie hat der Greis die dürre Hand So fest um seinen Stab gespannt! Und wie er so verkümmert steht, So ganz verlassen um sich späht, Da ist's als ob, erstaunt zumal, Noch zögern will der letzte Strahl. Schon zog der Aar dem Horste zu, Und nur die Gems vom Tour des foux* Noch einmal pfeift, und schwindet dann. Am Riffe lehnt der alte Mann, Wie auf dem Meere, jüngst ergrimmt, Einsam noch eine Planke schwimmt.
O, du bist immer schön, Natur! Doch dem, der Hertha's Bild gegrüßt, Die Woge bald die Lippe schließt. Bist Königin vernichtend nur! Der Blitz, der Seesturm, der Vulkan, Sie stehn als Zeugen oben an. Und jener Greis am Felsenrand? Dem Strahl, der widerprallt im Schnee, Will schützend die besennte Hand Sich vorbaun, an der Braue Höh'. Zum Montblanc hat er lang gesehn, Und wendet abendwärts den Fuß, Da ihm die Augen übergehn, Daß er vor Kälte weinen muß.
* Eine mächtige freistehende Felszacke auf dem Gipfel des St. Bernhard.
Berührt ein menſchlich Angeſicht, Fürwahr zum letzten Mal, das Licht. Wie hat der Greis die dürre Hand So feſt um ſeinen Stab geſpannt! Und wie er ſo verkümmert ſteht, So ganz verlaſſen um ſich ſpäht, Da iſt's als ob, erſtaunt zumal, Noch zögern will der letzte Strahl. Schon zog der Aar dem Horſte zu, Und nur die Gems vom Tour des foux* Noch einmal pfeift, und ſchwindet dann. Am Riffe lehnt der alte Mann, Wie auf dem Meere, jüngſt ergrimmt, Einſam noch eine Planke ſchwimmt.
O, du biſt immer ſchön, Natur! Doch dem, der Hertha's Bild gegrüßt, Die Woge bald die Lippe ſchließt. Biſt Königin vernichtend nur! Der Blitz, der Seeſturm, der Vulkan, Sie ſtehn als Zeugen oben an. Und jener Greis am Felſenrand? Dem Strahl, der widerprallt im Schnee, Will ſchützend die beſennte Hand Sich vorbaun, an der Braue Höh'. Zum Montblanc hat er lang geſehn, Und wendet abendwärts den Fuß, Da ihm die Augen übergehn, Daß er vor Kälte weinen muß.
* Eine mächtige freiſtehende Felszacke auf dem Gipfel des St. Bernhard.
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Berührt ein menſchlich Angeſicht,
Fürwahr zum letzten Mal, das Licht.
Wie hat der Greis die dürre Hand
So feſt um ſeinen Stab geſpannt!
Und wie er ſo verkümmert ſteht,
So ganz verlaſſen um ſich ſpäht,
Da iſt's als ob, erſtaunt zumal,
Noch zögern will der letzte Strahl.
Schon zog der Aar dem Horſte zu,
Und nur die Gems vom Tour des foux *
Noch einmal pfeift, und ſchwindet dann.
Am Riffe lehnt der alte Mann,
Wie auf dem Meere, jüngſt ergrimmt,
Einſam noch eine Planke ſchwimmt.
O, du biſt immer ſchön, Natur!
Doch dem, der Hertha's Bild gegrüßt,
Die Woge bald die Lippe ſchließt.
Biſt Königin vernichtend nur!
Der Blitz, der Seeſturm, der Vulkan,
Sie ſtehn als Zeugen oben an.
Und jener Greis am Felſenrand?
Dem Strahl, der widerprallt im Schnee,
Will ſchützend die beſennte Hand
Sich vorbaun, an der Braue Höh'.
Zum Montblanc hat er lang geſehn,
Und wendet abendwärts den Fuß,
Da ihm die Augen übergehn,
Daß er vor Kälte weinen muß.
* Eine mächtige freiſtehende Felszacke auf dem Gipfel des St. Bernhard.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/414>, abgerufen am 22.11.2024.
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