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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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So schleicht kein Trinker schweren Hirns und freudesatt sich
vom Gelage,
So grüßt kein freies Herz, nicht steht auf offner Stirn so
trübe Frage;
Man meint, das Thor gewinne jetzt
Ein Schelm, von Gläubigern gehetzt.

Erst als die Fichte ihn umstarrt, an seiner Sohle Nadeln
rauschen,
Hat er den Schritt gehemmt und steht, in sich gebeugt, zu
lauschen -- lauschen --
So lauscht kein Liebender dem Klang der Glocke, die zur
Minne ladet,
Kein Kranker so des Priesters Schritt, der mit dem Heil¬
thum ihn begnadet:
Ein Delinquent so lauschen mag
Der letzten Stunde Pendelschlag.
Am Sonnenbrande schlummernd liegt der Wald in des Aroma
Wellen,
Und Harz entquillt den Nadeln wie aus Schläfers Wimpern
Thränen quellen,
Die sonnentrunkne Klippe nickt, die Vögel träumen von
Gesange,
In sich gerollt das Eichhorn liegt, umflattert von dem Franzen¬
hange,
An jeder Nadel weißer Rauch
Verdunstet Terpentines Hauch.

So ſchleicht kein Trinker ſchweren Hirns und freudeſatt ſich
vom Gelage,
So grüßt kein freies Herz, nicht ſteht auf offner Stirn ſo
trübe Frage;
Man meint, das Thor gewinne jetzt
Ein Schelm, von Gläubigern gehetzt.

Erſt als die Fichte ihn umſtarrt, an ſeiner Sohle Nadeln
rauſchen,
Hat er den Schritt gehemmt und ſteht, in ſich gebeugt, zu
lauſchen — lauſchen —
So lauſcht kein Liebender dem Klang der Glocke, die zur
Minne ladet,
Kein Kranker ſo des Prieſters Schritt, der mit dem Heil¬
thum ihn begnadet:
Ein Delinquent ſo lauſchen mag
Der letzten Stunde Pendelſchlag.
Am Sonnenbrande ſchlummernd liegt der Wald in des Aroma
Wellen,
Und Harz entquillt den Nadeln wie aus Schläfers Wimpern
Thränen quellen,
Die ſonnentrunkne Klippe nickt, die Vögel träumen von
Geſange,
In ſich gerollt das Eichhorn liegt, umflattert von dem Franzen¬
hange,
An jeder Nadel weißer Rauch
Verdunſtet Terpentines Hauch.
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[383/0397] So ſchleicht kein Trinker ſchweren Hirns und freudeſatt ſich vom Gelage, So grüßt kein freies Herz, nicht ſteht auf offner Stirn ſo trübe Frage; Man meint, das Thor gewinne jetzt Ein Schelm, von Gläubigern gehetzt. Erſt als die Fichte ihn umſtarrt, an ſeiner Sohle Nadeln rauſchen, Hat er den Schritt gehemmt und ſteht, in ſich gebeugt, zu lauſchen — lauſchen — So lauſcht kein Liebender dem Klang der Glocke, die zur Minne ladet, Kein Kranker ſo des Prieſters Schritt, der mit dem Heil¬ thum ihn begnadet: Ein Delinquent ſo lauſchen mag Der letzten Stunde Pendelſchlag. Am Sonnenbrande ſchlummernd liegt der Wald in des Aroma Wellen, Und Harz entquillt den Nadeln wie aus Schläfers Wimpern Thränen quellen, Die ſonnentrunkne Klippe nickt, die Vögel träumen von Geſange, In ſich gerollt das Eichhorn liegt, umflattert von dem Franzen¬ hange, An jeder Nadel weißer Rauch Verdunſtet Terpentines Hauch.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/397>, abgerufen am 22.11.2024.