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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Vater unser, der du im Himmel bist
Geheiliget werde dein Name" --
Es rauscht am Hange, "heiliger Christ!"
Es bricht und knistert im Brahme,
Und drüber streckt sich ein schlanker Hals,
Zwei glänzende Augen starren.
"Ach Gott, es ist eine Hinde nur,
Jetzt setzt sie über die Farren."
Gertrude klimmt die Halde hinauf,
Sie steht an des Raines Mitte.
Da -- täuscht ihr Ohr? -- ein flüchtiger Lauf,
Behend galoppirende Tritte --
Und um sie springt es in wüstem Kreis,
Und funkelt mit freud'gem Gestöhne.
"Fidel, Fidel!" so flüstert sie leis,
Dann ruft sie schluchzend: "Helene!"
"Helene!" schallt es am Felsenhang,
"Helen'!" von des Waldes Kante,
Es war ein einsamer trauriger Klang,
Den heimwärts die Echo sandte.
Wo drunten im Tobel das Mühlrad wacht,
Die staubigen Knecht' an der Wanne
Die haben gehorcht die ganze Nacht
Auf das irre Gespenst im Tanne.
Sie hörten sein Rufen von Stund' zu Stund',
Sahn seiner Laterne Geflimmer,
Und schlugen ein Kreuz auf Brust und Mund,
Zog über den Tobel der Schimmer.
Vater unſer, der du im Himmel biſt
Geheiliget werde dein Name“ —
Es rauſcht am Hange, „heiliger Chriſt!“
Es bricht und kniſtert im Brahme,
Und drüber ſtreckt ſich ein ſchlanker Hals,
Zwei glänzende Augen ſtarren.
„Ach Gott, es iſt eine Hinde nur,
Jetzt ſetzt ſie über die Farren.“
Gertrude klimmt die Halde hinauf,
Sie ſteht an des Raines Mitte.
Da — täuſcht ihr Ohr? — ein flüchtiger Lauf,
Behend galoppirende Tritte —
Und um ſie ſpringt es in wüſtem Kreis,
Und funkelt mit freud'gem Geſtöhne.
„Fidel, Fidel!“ ſo flüſtert ſie leis,
Dann ruft ſie ſchluchzend: „Helene!“
„Helene!“ ſchallt es am Felſenhang,
„Helen'!“ von des Waldes Kante,
Es war ein einſamer trauriger Klang,
Den heimwärts die Echo ſandte.
Wo drunten im Tobel das Mühlrad wacht,
Die ſtaubigen Knecht' an der Wanne
Die haben gehorcht die ganze Nacht
Auf das irre Geſpenſt im Tanne.
Sie hörten ſein Rufen von Stund' zu Stund',
Sahn ſeiner Laterne Geflimmer,
Und ſchlugen ein Kreuz auf Bruſt und Mund,
Zog über den Tobel der Schimmer.
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[326/0340] Vater unſer, der du im Himmel biſt Geheiliget werde dein Name“ — Es rauſcht am Hange, „heiliger Chriſt!“ Es bricht und kniſtert im Brahme, Und drüber ſtreckt ſich ein ſchlanker Hals, Zwei glänzende Augen ſtarren. „Ach Gott, es iſt eine Hinde nur, Jetzt ſetzt ſie über die Farren.“ Gertrude klimmt die Halde hinauf, Sie ſteht an des Raines Mitte. Da — täuſcht ihr Ohr? — ein flüchtiger Lauf, Behend galoppirende Tritte — Und um ſie ſpringt es in wüſtem Kreis, Und funkelt mit freud'gem Geſtöhne. „Fidel, Fidel!“ ſo flüſtert ſie leis, Dann ruft ſie ſchluchzend: „Helene!“ „Helene!“ ſchallt es am Felſenhang, „Helen'!“ von des Waldes Kante, Es war ein einſamer trauriger Klang, Den heimwärts die Echo ſandte. Wo drunten im Tobel das Mühlrad wacht, Die ſtaubigen Knecht' an der Wanne Die haben gehorcht die ganze Nacht Auf das irre Geſpenſt im Tanne. Sie hörten ſein Rufen von Stund' zu Stund', Sahn ſeiner Laterne Geflimmer, Und ſchlugen ein Kreuz auf Bruſt und Mund, Zog über den Tobel der Schimmer.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/340>, abgerufen am 22.11.2024.