Und lauter, lauter dann wird das Rauschen, Wie Stürme die zornigen Seufzer tauschen, Und wirrer summet das Glockengeläut.
Strack steht Johann wie ein Lanzenknecht, Nicht möchte der gleißenden Wand er trau'n, Noch wäre der glimmernde Sitz ihm recht, Wo rutschen die Knappen mit zuckenden Brau'n. Da muß, o Himmel, wer sollt' es denken! Den frommen Herrn, den Friedrich von Brenken, Den alten stattlichen Ritter er schaun.
"Mein Heiland, mach' ihn der Sünden baar!" Der Jüngling seufzet in schwerem Leid; Er hat ihm gedienet ein ganzes Jahr; Doch ungern kredenzt er den Becher ihm heut! Bei jedem Schlucke sieht er ihn schüttern, Ein blaues Wölkchen dem Schlund entzittern, Wie wenn auf Kohlen man Weihrauch streut.
O manche Gestalt noch dämmert ihm auf, Dort sitzt sein Pathe, der Metternich, Und eben durch den wimmelnden Hauf Johann von Spiegel, der Schenke, strich; Prälaten auch, je viere und viere, Sie blättern und rispeln im grauen Breviere, Und zuckend krümmen die Finger sich.
Und unten im Saale, da knöcheln frisch Schaumburger Grafen um Leut' und Land, Graf Simon schüttelt den Becher risch, Und reibt mitunter die knisternde Hand;
Und lauter, lauter dann wird das Rauſchen, Wie Stürme die zornigen Seufzer tauſchen, Und wirrer ſummet das Glockengeläut.
Strack ſteht Johann wie ein Lanzenknecht, Nicht möchte der gleißenden Wand er trau'n, Noch wäre der glimmernde Sitz ihm recht, Wo rutſchen die Knappen mit zuckenden Brau'n. Da muß, o Himmel, wer ſollt' es denken! Den frommen Herrn, den Friedrich von Brenken, Den alten ſtattlichen Ritter er ſchaun.
„Mein Heiland, mach' ihn der Sünden baar!“ Der Jüngling ſeufzet in ſchwerem Leid; Er hat ihm gedienet ein ganzes Jahr; Doch ungern kredenzt er den Becher ihm heut! Bei jedem Schlucke ſieht er ihn ſchüttern, Ein blaues Wölkchen dem Schlund entzittern, Wie wenn auf Kohlen man Weihrauch ſtreut.
O manche Geſtalt noch dämmert ihm auf, Dort ſitzt ſein Pathe, der Metternich, Und eben durch den wimmelnden Hauf Johann von Spiegel, der Schenke, ſtrich; Prälaten auch, je viere und viere, Sie blättern und riſpeln im grauen Breviere, Und zuckend krümmen die Finger ſich.
Und unten im Saale, da knöcheln friſch Schaumburger Grafen um Leut' und Land, Graf Simon ſchüttelt den Becher riſch, Und reibt mitunter die kniſternde Hand;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="8"><pbfacs="#f0296"n="282"/><l>Und lauter, lauter dann wird das Rauſchen,</l><lb/><l>Wie Stürme die zornigen Seufzer tauſchen,</l><lb/><l>Und wirrer ſummet das Glockengeläut.</l><lb/></lg><lgn="9"><l>Strack ſteht Johann wie ein Lanzenknecht,</l><lb/><l>Nicht möchte der gleißenden Wand er trau'n,</l><lb/><l>Noch wäre der glimmernde Sitz ihm recht,</l><lb/><l>Wo rutſchen die Knappen mit zuckenden Brau'n.</l><lb/><l>Da muß, o Himmel, wer ſollt' es denken!</l><lb/><l>Den frommen Herrn, den Friedrich von Brenken,</l><lb/><l>Den alten ſtattlichen Ritter er ſchaun.</l><lb/></lg><lgn="10"><l>„Mein Heiland, mach' ihn der Sünden baar!“</l><lb/><l>Der Jüngling ſeufzet in ſchwerem Leid;</l><lb/><l>Er hat ihm gedienet ein ganzes Jahr;</l><lb/><l>Doch ungern kredenzt er den Becher ihm heut!</l><lb/><l>Bei jedem Schlucke ſieht er ihn ſchüttern,</l><lb/><l>Ein blaues Wölkchen dem Schlund entzittern,</l><lb/><l>Wie wenn auf Kohlen man Weihrauch ſtreut.</l><lb/></lg><lgn="11"><l>O manche Geſtalt noch dämmert ihm auf,</l><lb/><l>Dort ſitzt ſein Pathe, der Metternich,</l><lb/><l>Und eben durch den wimmelnden Hauf</l><lb/><l>Johann von Spiegel, der Schenke, ſtrich;</l><lb/><l>Prälaten auch, je viere und viere,</l><lb/><l>Sie blättern und riſpeln im grauen Breviere,</l><lb/><l>Und zuckend krümmen die Finger ſich.</l><lb/></lg><lgn="12"><l>Und unten im Saale, da knöcheln friſch</l><lb/><l>Schaumburger Grafen um Leut' und Land,</l><lb/><l>Graf Simon ſchüttelt den Becher riſch,</l><lb/><l>Und reibt mitunter die kniſternde Hand;</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[282/0296]
Und lauter, lauter dann wird das Rauſchen,
Wie Stürme die zornigen Seufzer tauſchen,
Und wirrer ſummet das Glockengeläut.
Strack ſteht Johann wie ein Lanzenknecht,
Nicht möchte der gleißenden Wand er trau'n,
Noch wäre der glimmernde Sitz ihm recht,
Wo rutſchen die Knappen mit zuckenden Brau'n.
Da muß, o Himmel, wer ſollt' es denken!
Den frommen Herrn, den Friedrich von Brenken,
Den alten ſtattlichen Ritter er ſchaun.
„Mein Heiland, mach' ihn der Sünden baar!“
Der Jüngling ſeufzet in ſchwerem Leid;
Er hat ihm gedienet ein ganzes Jahr;
Doch ungern kredenzt er den Becher ihm heut!
Bei jedem Schlucke ſieht er ihn ſchüttern,
Ein blaues Wölkchen dem Schlund entzittern,
Wie wenn auf Kohlen man Weihrauch ſtreut.
O manche Geſtalt noch dämmert ihm auf,
Dort ſitzt ſein Pathe, der Metternich,
Und eben durch den wimmelnden Hauf
Johann von Spiegel, der Schenke, ſtrich;
Prälaten auch, je viere und viere,
Sie blättern und riſpeln im grauen Breviere,
Und zuckend krümmen die Finger ſich.
Und unten im Saale, da knöcheln friſch
Schaumburger Grafen um Leut' und Land,
Graf Simon ſchüttelt den Becher riſch,
Und reibt mitunter die kniſternde Hand;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/296>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.