"Denk' nach, denk' nach, Allgund! "Was du verheißen Noth. "Die Wahrheit spricht dein Mund, "Ich weiß, und brächt' es Tod."
Und konnte sie sich besinnen, Verheißen hätte sie's nie; So war sie halb von Sinnen, Sie schwur, und wußte nicht wie.
II.
Und als das Morgengrau In die Kemnate sich stahl: Da hatte die werthe Frau Geseufzt schon manches Mal;
Manch Mal gerungen die Hand, Ganz heimlich wie ein Dieb; Roth war ihrer Augen Rand, Todtblaß ihr Antlitz lieb.
Drei Tage kredenzt' sie den Wein, Und saß bei'm Mahle drei Tag', Drei Nächte in steter Pein In der Waldkapelle sie lag.
Wenn er die Wacht besorgt, Der Thorwart sieht sie gehn, Im Walde steht und horcht Der Wilddieb dem Gestöhn'.
„Denk' nach, denk' nach, Allgund! „Was du verheißen Noth. „Die Wahrheit ſpricht dein Mund, „Ich weiß, und brächt' es Tod.“
Und konnte ſie ſich beſinnen, Verheißen hätte ſie's nie; So war ſie halb von Sinnen, Sie ſchwur, und wußte nicht wie.
II.
Und als das Morgengrau In die Kemnate ſich ſtahl: Da hatte die werthe Frau Geſeufzt ſchon manches Mal;
Manch Mal gerungen die Hand, Ganz heimlich wie ein Dieb; Roth war ihrer Augen Rand, Todtblaß ihr Antlitz lieb.
Drei Tage kredenzt' ſie den Wein, Und ſaß bei'm Mahle drei Tag', Drei Nächte in ſteter Pein In der Waldkapelle ſie lag.
Wenn er die Wacht beſorgt, Der Thorwart ſieht ſie gehn, Im Walde ſteht und horcht Der Wilddieb dem Geſtöhn'.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0281"n="267"/><lgn="23"><l>„Denk' nach, denk' nach, Allgund!</l><lb/><l>„Was du verheißen Noth.</l><lb/><l>„Die Wahrheit ſpricht dein Mund,</l><lb/><l>„Ich weiß, und brächt' es Tod.“</l><lb/></lg><lgn="24"><l>Und konnte ſie ſich beſinnen,</l><lb/><l>Verheißen hätte ſie's nie;</l><lb/><l>So war ſie halb von Sinnen,</l><lb/><l>Sie ſchwur, und wußte nicht wie.</l><lb/></lg></lg></div><divn="3"><head><hirendition="#aq #b">II</hi>.<lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Und als das Morgengrau</l><lb/><l>In die Kemnate ſich ſtahl:</l><lb/><l>Da hatte die werthe Frau</l><lb/><l>Geſeufzt ſchon manches Mal;</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Manch Mal gerungen die Hand,</l><lb/><l>Ganz heimlich wie ein Dieb;</l><lb/><l>Roth war ihrer Augen Rand,</l><lb/><l>Todtblaß ihr Antlitz lieb.</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Drei Tage kredenzt' ſie den Wein,</l><lb/><l>Und ſaß bei'm Mahle drei Tag',</l><lb/><l>Drei Nächte in ſteter Pein</l><lb/><l>In der Waldkapelle ſie lag.</l><lb/></lg><lgn="4"><l>Wenn er die Wacht beſorgt,</l><lb/><l>Der Thorwart ſieht ſie gehn,</l><lb/><l>Im Walde ſteht und horcht</l><lb/><l>Der Wilddieb dem Geſtöhn'.</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[267/0281]
„Denk' nach, denk' nach, Allgund!
„Was du verheißen Noth.
„Die Wahrheit ſpricht dein Mund,
„Ich weiß, und brächt' es Tod.“
Und konnte ſie ſich beſinnen,
Verheißen hätte ſie's nie;
So war ſie halb von Sinnen,
Sie ſchwur, und wußte nicht wie.
II.
Und als das Morgengrau
In die Kemnate ſich ſtahl:
Da hatte die werthe Frau
Geſeufzt ſchon manches Mal;
Manch Mal gerungen die Hand,
Ganz heimlich wie ein Dieb;
Roth war ihrer Augen Rand,
Todtblaß ihr Antlitz lieb.
Drei Tage kredenzt' ſie den Wein,
Und ſaß bei'm Mahle drei Tag',
Drei Nächte in ſteter Pein
In der Waldkapelle ſie lag.
Wenn er die Wacht beſorgt,
Der Thorwart ſieht ſie gehn,
Im Walde ſteht und horcht
Der Wilddieb dem Geſtöhn'.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/281>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.