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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Die Stubenburschen.
Sie waren Beide froh und gut,
Und mochten ungern scheiden;
Die Jahre fliehn, es lischt der Muth,
Der Tag bringt Freud' und Leiden,
Geschäft will Zeit und Zeit ist schnell,
So unterblieb das Schreiben,
Doch öfters sprach Emanuel:
"Was mag der Franzel treiben!"
Da trat einst Wintermorgens früh
Ein Mann in seine Stube,
Seltsam verschabt wie ein Genie,
Und hager wie Coeur Bube,
Sah ihn so glau und pfiffig an,
Und blinzelt vor Behagen:
"Emanuel, du Hampelmann!
Willst du mir denn nichts sagen?"
"Er ist es!" rief der Doktor aus,
Und reicht ihm beide Hände.
"Willkomm, Willkomm! wie siehst du aus?
Ei, munter und behende."
"Ha" rief der Andre, "Sapperment,
Man sieht, du darfst nicht sorgen!
Wie roth du bist, wie corpulent!
Du hast dich wohl geborgen."
Die Stubenburſchen.
Sie waren Beide froh und gut,
Und mochten ungern ſcheiden;
Die Jahre fliehn, es liſcht der Muth,
Der Tag bringt Freud' und Leiden,
Geſchäft will Zeit und Zeit iſt ſchnell,
So unterblieb das Schreiben,
Doch öfters ſprach Emanuel:
„Was mag der Franzel treiben!“
Da trat einſt Wintermorgens früh
Ein Mann in ſeine Stube,
Seltſam verſchabt wie ein Genie,
Und hager wie Coeur Bube,
Sah ihn ſo glau und pfiffig an,
Und blinzelt vor Behagen:
„Emanuel, du Hampelmann!
Willſt du mir denn nichts ſagen?“
„Er iſt es!“ rief der Doktor aus,
Und reicht ihm beide Hände.
„Willkomm, Willkomm! wie ſiehſt du aus?
Ei, munter und behende.“
„Ha“ rief der Andre, „Sapperment,
Man ſieht, du darfſt nicht ſorgen!
Wie roth du biſt, wie corpulent!
Du haſt dich wohl geborgen.“
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[228/0242] Die Stubenburſchen. Sie waren Beide froh und gut, Und mochten ungern ſcheiden; Die Jahre fliehn, es liſcht der Muth, Der Tag bringt Freud' und Leiden, Geſchäft will Zeit und Zeit iſt ſchnell, So unterblieb das Schreiben, Doch öfters ſprach Emanuel: „Was mag der Franzel treiben!“ Da trat einſt Wintermorgens früh Ein Mann in ſeine Stube, Seltſam verſchabt wie ein Genie, Und hager wie Coeur Bube, Sah ihn ſo glau und pfiffig an, Und blinzelt vor Behagen: „Emanuel, du Hampelmann! Willſt du mir denn nichts ſagen?“ „Er iſt es!“ rief der Doktor aus, Und reicht ihm beide Hände. „Willkomm, Willkomm! wie ſiehſt du aus? Ei, munter und behende.“ „Ha“ rief der Andre, „Sapperment, Man ſieht, du darfſt nicht ſorgen! Wie roth du biſt, wie corpulent! Du haſt dich wohl geborgen.“

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/242>, abgerufen am 22.12.2024.