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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Nach fünfzehn Jahren.
Wie hab' ich doch so manche Sommernacht,
Du düstrer Saal, in deinem Raum verwacht!
Und du, Balkon, auf dich bin ich getreten,
Um leise für ein theures Haupt zu beten,
Wenn hinter mir aus des Gemaches Tiefen
Wie Hülfewimmern bange Seufzer riefen,
Die Odemzüge aus geliebtem Mund;
Ja, bitter weint' ich -- o Erinnerung! --
Doch trug ich muthig es, denn ich war jung,
War jung noch und gesund.
Du Bett mit seidnem Franzenhang geziert,
Wie hab' ich deine Falten oft berührt,
Mit leiser leiser Hand gehemmt ihr Rauschen,
Wenn ich mich beugte durch den Spalt zu lauschen,
Mein Haupt so müde daß es schwamm wie trunken,
So matt mein Knie daß es zum Grund gesunken!
Mechanisch löste ich der Zöpfe Bund
Und sucht im frischen Trunk Erleichterung;
Ach, Alles trägt man leicht, ist man nur jung,
Nur jung noch und gesund!
Und als die Rose, die am Stock erblich,
Sich wieder auf die kranke Wange schlich,
Wie hab' ich an dem Pfeilertische drüben
Dem Töchterchen geringelt seine lieben
Nach fünfzehn Jahren.
Wie hab' ich doch ſo manche Sommernacht,
Du düſtrer Saal, in deinem Raum verwacht!
Und du, Balkon, auf dich bin ich getreten,
Um leiſe für ein theures Haupt zu beten,
Wenn hinter mir aus des Gemaches Tiefen
Wie Hülfewimmern bange Seufzer riefen,
Die Odemzüge aus geliebtem Mund;
Ja, bitter weint' ich — o Erinnerung! —
Doch trug ich muthig es, denn ich war jung,
War jung noch und geſund.
Du Bett mit ſeidnem Franzenhang geziert,
Wie hab' ich deine Falten oft berührt,
Mit leiſer leiſer Hand gehemmt ihr Rauſchen,
Wenn ich mich beugte durch den Spalt zu lauſchen,
Mein Haupt ſo müde daß es ſchwamm wie trunken,
So matt mein Knie daß es zum Grund geſunken!
Mechaniſch löſte ich der Zöpfe Bund
Und ſucht im friſchen Trunk Erleichterung;
Ach, Alles trägt man leicht, iſt man nur jung,
Nur jung noch und geſund!
Und als die Roſe, die am Stock erblich,
Sich wieder auf die kranke Wange ſchlich,
Wie hab' ich an dem Pfeilertiſche drüben
Dem Töchterchen geringelt ſeine lieben
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[191/0205] Nach fünfzehn Jahren. Wie hab' ich doch ſo manche Sommernacht, Du düſtrer Saal, in deinem Raum verwacht! Und du, Balkon, auf dich bin ich getreten, Um leiſe für ein theures Haupt zu beten, Wenn hinter mir aus des Gemaches Tiefen Wie Hülfewimmern bange Seufzer riefen, Die Odemzüge aus geliebtem Mund; Ja, bitter weint' ich — o Erinnerung! — Doch trug ich muthig es, denn ich war jung, War jung noch und geſund. Du Bett mit ſeidnem Franzenhang geziert, Wie hab' ich deine Falten oft berührt, Mit leiſer leiſer Hand gehemmt ihr Rauſchen, Wenn ich mich beugte durch den Spalt zu lauſchen, Mein Haupt ſo müde daß es ſchwamm wie trunken, So matt mein Knie daß es zum Grund geſunken! Mechaniſch löſte ich der Zöpfe Bund Und ſucht im friſchen Trunk Erleichterung; Ach, Alles trägt man leicht, iſt man nur jung, Nur jung noch und geſund! Und als die Roſe, die am Stock erblich, Sich wieder auf die kranke Wange ſchlich, Wie hab' ich an dem Pfeilertiſche drüben Dem Töchterchen geringelt ſeine lieben

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/205>, abgerufen am 23.11.2024.