Auf einem Blitze bin ich gesprengt Aus meinem funkelnden Kellerhaus. O, wie war ich zerbrochen und krank, Wie rieselt's mir über die blanke Haut, Wenn langsam schwellend der Tropfen sank, Des Zuges Schneide mich angegraut!
Kennst du den Bergmönch, den braunen Schelm, Dem auf der Schulter das Antlitz kreißt? Schwarz und rauh wie ein rostiger Helm, Wie die Grubenlampe sein Auge gleißt. O, er ist böse, tückisch und schlimm! Mit dem Gezähn * hackt er am Spalt, Bis das schwefelnde Wetter im Grimm Gegen die weichende Rinde schwallt.
Steiger bete! du armer Knapp', Dem in der Hütte das Kindlein zart, Betet! betet! eh ihr hinab, Eh zum letzten Male vor Ort ihr fahrt. Sieben Nächte hab' ich gesehn Wie eine Walze rollen den Nacken, Und die Augen funkeln und drehn, Und das Gezähn schürfen und hacken.
Dort, dort hinter dem reichen Gang Lauert der giftige Brodem; da Wo der Kobold den Hammer schwang, Wo ich am Bruche ihn schnuppern sah.
* "Gezähn" das Handwerkszeug der Bergknappen.
v. Droste-Hülshof, Gedichte. 12
Auf einem Blitze bin ich geſprengt Aus meinem funkelnden Kellerhaus. O, wie war ich zerbrochen und krank, Wie rieſelt's mir über die blanke Haut, Wenn langſam ſchwellend der Tropfen ſank, Des Zuges Schneide mich angegraut!
Kennſt du den Bergmönch, den braunen Schelm, Dem auf der Schulter das Antlitz kreißt? Schwarz und rauh wie ein roſtiger Helm, Wie die Grubenlampe ſein Auge gleißt. O, er iſt böſe, tückiſch und ſchlimm! Mit dem Gezähn * hackt er am Spalt, Bis das ſchwefelnde Wetter im Grimm Gegen die weichende Rinde ſchwallt.
Steiger bete! du armer Knapp', Dem in der Hütte das Kindlein zart, Betet! betet! eh ihr hinab, Eh zum letzten Male vor Ort ihr fahrt. Sieben Nächte hab' ich geſehn Wie eine Walze rollen den Nacken, Und die Augen funkeln und drehn, Und das Gezähn ſchürfen und hacken.
Dort, dort hinter dem reichen Gang Lauert der giftige Brodem; da Wo der Kobold den Hammer ſchwang, Wo ich am Bruche ihn ſchnuppern ſah.
* „Gezähn“ das Handwerkszeug der Bergknappen.
v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 12
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="1"><pbfacs="#f0191"n="177"/><l>Auf einem Blitze bin ich geſprengt</l><lb/><l>Aus meinem funkelnden Kellerhaus.</l><lb/><l>O, wie war ich zerbrochen und krank,</l><lb/><l>Wie rieſelt's mir über die blanke Haut,</l><lb/><l>Wenn langſam ſchwellend der Tropfen ſank,</l><lb/><l>Des Zuges Schneide mich angegraut!</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Kennſt du den Bergmönch, den braunen Schelm,</l><lb/><l>Dem auf der Schulter das Antlitz kreißt?</l><lb/><l>Schwarz und rauh wie ein roſtiger Helm,</l><lb/><l>Wie die Grubenlampe ſein Auge gleißt.</l><lb/><l>O, er iſt böſe, tückiſch und ſchlimm!</l><lb/><l>Mit dem Gezähn <noteplace="foot"n="*">„Gezähn“ das Handwerkszeug der Bergknappen.<lb/></note> hackt er am Spalt,</l><lb/><l>Bis das ſchwefelnde Wetter im Grimm</l><lb/><l>Gegen die weichende Rinde ſchwallt.</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Steiger bete! du armer Knapp',</l><lb/><l>Dem in der Hütte das Kindlein zart,</l><lb/><l>Betet! betet! eh ihr hinab,</l><lb/><l>Eh zum letzten Male vor Ort ihr fahrt.</l><lb/><l>Sieben Nächte hab' ich geſehn</l><lb/><l>Wie eine Walze rollen den Nacken,</l><lb/><l>Und die Augen funkeln und drehn,</l><lb/><l>Und das Gezähn ſchürfen und hacken.</l><lb/></lg><lgn="4"><l>Dort, dort hinter dem reichen Gang</l><lb/><l>Lauert der giftige Brodem; da</l><lb/><l>Wo der Kobold den Hammer ſchwang,</l><lb/><l>Wo ich am Bruche ihn ſchnuppern ſah.</l><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">v</hi>. <hirendition="#g">Droſte-Hülshof</hi>, Gedichte. 12<lb/></fw></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[177/0191]
Auf einem Blitze bin ich geſprengt
Aus meinem funkelnden Kellerhaus.
O, wie war ich zerbrochen und krank,
Wie rieſelt's mir über die blanke Haut,
Wenn langſam ſchwellend der Tropfen ſank,
Des Zuges Schneide mich angegraut!
Kennſt du den Bergmönch, den braunen Schelm,
Dem auf der Schulter das Antlitz kreißt?
Schwarz und rauh wie ein roſtiger Helm,
Wie die Grubenlampe ſein Auge gleißt.
O, er iſt böſe, tückiſch und ſchlimm!
Mit dem Gezähn * hackt er am Spalt,
Bis das ſchwefelnde Wetter im Grimm
Gegen die weichende Rinde ſchwallt.
Steiger bete! du armer Knapp',
Dem in der Hütte das Kindlein zart,
Betet! betet! eh ihr hinab,
Eh zum letzten Male vor Ort ihr fahrt.
Sieben Nächte hab' ich geſehn
Wie eine Walze rollen den Nacken,
Und die Augen funkeln und drehn,
Und das Gezähn ſchürfen und hacken.
Dort, dort hinter dem reichen Gang
Lauert der giftige Brodem; da
Wo der Kobold den Hammer ſchwang,
Wo ich am Bruche ihn ſchnuppern ſah.
* „Gezähn“ das Handwerkszeug der Bergknappen.
v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 12
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/191>, abgerufen am 28.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.