Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Poesie.
Frägst du mich im Räthselspiele,
Wer die zarte lichte Fey,
Die sich drei Kleinoden gleiche
Und ein Stral doch selber sey?
Ob ichs rathe? ob ich fehle?
Liebchen, pfiffig war ich nie,
Doch in meiner tiefsten Seele
Hallt es: das ist Poesie!
Jener Stral der, Licht und Flamme,
Keiner Farbe zugethan,
Und doch, über Alles gleitend
Tausend Farben zündet an,
Jedes Recht und Keines Eigen. --
Die Kleinode nenn' ich dir:
Den Türkis, den Amethisten,
Und der Perle edle Zier.
Poesie gleicht dem Türkise,
Dessen frommes Auge bricht,
Wenn verborgner Säure Brodem
Nahte seinem reinen Licht;
Dessen Ursprung Keiner kündet,
Der wie Himmelsgabe kam,
Und des Himmels milde Bläue
Sich zum milden Zeichen nahm.
Poeſie.
Frägſt du mich im Räthſelſpiele,
Wer die zarte lichte Fey,
Die ſich drei Kleinoden gleiche
Und ein Stral doch ſelber ſey?
Ob ichs rathe? ob ich fehle?
Liebchen, pfiffig war ich nie,
Doch in meiner tiefſten Seele
Hallt es: das iſt Poeſie!
Jener Stral der, Licht und Flamme,
Keiner Farbe zugethan,
Und doch, über Alles gleitend
Tauſend Farben zündet an,
Jedes Recht und Keines Eigen. —
Die Kleinode nenn' ich dir:
Den Türkis, den Amethiſten,
Und der Perle edle Zier.
Poeſie gleicht dem Türkiſe,
Deſſen frommes Auge bricht,
Wenn verborgner Säure Brodem
Nahte ſeinem reinen Licht;
Deſſen Urſprung Keiner kündet,
Der wie Himmelsgabe kam,
Und des Himmels milde Bläue
Sich zum milden Zeichen nahm.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0180" n="166"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Poe&#x017F;ie.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Fräg&#x017F;t du mich im Räth&#x017F;el&#x017F;piele,</l><lb/>
              <l>Wer die zarte lichte Fey,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;ich drei Kleinoden gleiche</l><lb/>
              <l>Und ein Stral doch &#x017F;elber &#x017F;ey?</l><lb/>
              <l>Ob ichs rathe? ob ich fehle?</l><lb/>
              <l>Liebchen, pfiffig war ich nie,</l><lb/>
              <l>Doch in meiner tief&#x017F;ten Seele</l><lb/>
              <l>Hallt es: das i&#x017F;t Poe&#x017F;ie!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Jener Stral der, Licht und Flamme,</l><lb/>
              <l>Keiner Farbe zugethan,</l><lb/>
              <l>Und doch, über Alles gleitend</l><lb/>
              <l>Tau&#x017F;end Farben zündet an,</l><lb/>
              <l>Jedes Recht und Keines Eigen. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Die Kleinode nenn' ich dir:</l><lb/>
              <l>Den Türkis, den Amethi&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Und der Perle edle Zier.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Poe&#x017F;ie gleicht dem Türki&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>De&#x017F;&#x017F;en frommes Auge bricht,</l><lb/>
              <l>Wenn verborgner Säure Brodem</l><lb/>
              <l>Nahte &#x017F;einem reinen Licht;</l><lb/>
              <l>De&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;prung Keiner kündet,</l><lb/>
              <l>Der wie Himmelsgabe kam,</l><lb/>
              <l>Und des Himmels milde Bläue</l><lb/>
              <l>Sich zum milden Zeichen nahm.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0180] Poeſie. Frägſt du mich im Räthſelſpiele, Wer die zarte lichte Fey, Die ſich drei Kleinoden gleiche Und ein Stral doch ſelber ſey? Ob ichs rathe? ob ich fehle? Liebchen, pfiffig war ich nie, Doch in meiner tiefſten Seele Hallt es: das iſt Poeſie! Jener Stral der, Licht und Flamme, Keiner Farbe zugethan, Und doch, über Alles gleitend Tauſend Farben zündet an, Jedes Recht und Keines Eigen. — Die Kleinode nenn' ich dir: Den Türkis, den Amethiſten, Und der Perle edle Zier. Poeſie gleicht dem Türkiſe, Deſſen frommes Auge bricht, Wenn verborgner Säure Brodem Nahte ſeinem reinen Licht; Deſſen Urſprung Keiner kündet, Der wie Himmelsgabe kam, Und des Himmels milde Bläue Sich zum milden Zeichen nahm.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/180
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/180>, abgerufen am 22.12.2024.