Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Doch freundlich trug er jeden Dorn, Der auf dem Pfade ihm begegnet, Geschlagen von des Schicksals Zorn, Doch von der Götter Hand gesegnet. Und eine Kunst war ihm bescheert, So mild wie seiner Seele Hauchen, Sein Pinsel ließ die Wiesen rauchen Und flammen des Vulkanes Heerd. Es waren Bilder die mit Lust Ein unverdorbnes Herz erfüllen, Wie sie entsteigen warmer Brust Und reiner Phantasie entquillen; Doch Mäcklern schienen sie zu zart, Den Stempel hoher Kunst zu tragen: So hat er schwer sich durchgeschlagen Und täglich am Bedarf gespart. Da ward in Winterabends Lauf Ein Brief ihm von der Post gesendet; Er riß bestürzt das Siegel auf: O Gott, die Sorgen sind beendet! Des fernen Vetters Todtenschein Hat als Agnaten ihn berufen, Er darf nur treten an die Stufen, Die reichen Lehne harren sein! Wer denkt es nicht, daß ihm gepreßt Aus heißer Wimper Thränen flossen! Dann plötzlich steht sein Auge fest, Der Zähren Quelle ist geschlossen. Doch freundlich trug er jeden Dorn, Der auf dem Pfade ihm begegnet, Geſchlagen von des Schickſals Zorn, Doch von der Götter Hand geſegnet. Und eine Kunſt war ihm beſcheert, So mild wie ſeiner Seele Hauchen, Sein Pinſel ließ die Wieſen rauchen Und flammen des Vulkanes Heerd. Es waren Bilder die mit Luſt Ein unverdorbnes Herz erfüllen, Wie ſie entſteigen warmer Bruſt Und reiner Phantaſie entquillen; Doch Mäcklern ſchienen ſie zu zart, Den Stempel hoher Kunſt zu tragen: So hat er ſchwer ſich durchgeſchlagen Und täglich am Bedarf geſpart. Da ward in Winterabends Lauf Ein Brief ihm von der Poſt geſendet; Er riß beſtürzt das Siegel auf: O Gott, die Sorgen ſind beendet! Des fernen Vetters Todtenſchein Hat als Agnaten ihn berufen, Er darf nur treten an die Stufen, Die reichen Lehne harren ſein! Wer denkt es nicht, daß ihm gepreßt Aus heißer Wimper Thränen floſſen! Dann plötzlich ſteht ſein Auge feſt, Der Zähren Quelle iſt geſchloſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0151" n="137"/> <lg n="4"> <l>Doch freundlich trug er jeden Dorn,</l><lb/> <l>Der auf dem Pfade ihm begegnet,</l><lb/> <l>Geſchlagen von des Schickſals Zorn,</l><lb/> <l>Doch von der Götter Hand geſegnet.</l><lb/> <l>Und eine Kunſt war ihm beſcheert,</l><lb/> <l>So mild wie ſeiner Seele Hauchen,</l><lb/> <l>Sein Pinſel ließ die Wieſen rauchen</l><lb/> <l>Und flammen des Vulkanes Heerd.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Es waren Bilder die mit Luſt</l><lb/> <l>Ein unverdorbnes Herz erfüllen,</l><lb/> <l>Wie ſie entſteigen warmer Bruſt</l><lb/> <l>Und reiner Phantaſie entquillen;</l><lb/> <l>Doch Mäcklern ſchienen ſie zu zart,</l><lb/> <l>Den Stempel hoher Kunſt zu tragen:</l><lb/> <l>So hat er ſchwer ſich durchgeſchlagen</l><lb/> <l>Und täglich am Bedarf geſpart.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Da ward in Winterabends Lauf</l><lb/> <l>Ein Brief ihm von der Poſt geſendet;</l><lb/> <l>Er riß beſtürzt das Siegel auf:</l><lb/> <l>O Gott, die Sorgen ſind beendet!</l><lb/> <l>Des fernen Vetters Todtenſchein</l><lb/> <l>Hat als Agnaten ihn berufen,</l><lb/> <l>Er darf nur treten an die Stufen,</l><lb/> <l>Die reichen Lehne harren ſein!</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Wer denkt es nicht, daß ihm gepreßt</l><lb/> <l>Aus heißer Wimper Thränen floſſen!</l><lb/> <l>Dann plötzlich ſteht ſein Auge feſt,</l><lb/> <l>Der Zähren Quelle iſt geſchloſſen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0151]
Doch freundlich trug er jeden Dorn,
Der auf dem Pfade ihm begegnet,
Geſchlagen von des Schickſals Zorn,
Doch von der Götter Hand geſegnet.
Und eine Kunſt war ihm beſcheert,
So mild wie ſeiner Seele Hauchen,
Sein Pinſel ließ die Wieſen rauchen
Und flammen des Vulkanes Heerd.
Es waren Bilder die mit Luſt
Ein unverdorbnes Herz erfüllen,
Wie ſie entſteigen warmer Bruſt
Und reiner Phantaſie entquillen;
Doch Mäcklern ſchienen ſie zu zart,
Den Stempel hoher Kunſt zu tragen:
So hat er ſchwer ſich durchgeſchlagen
Und täglich am Bedarf geſpart.
Da ward in Winterabends Lauf
Ein Brief ihm von der Poſt geſendet;
Er riß beſtürzt das Siegel auf:
O Gott, die Sorgen ſind beendet!
Des fernen Vetters Todtenſchein
Hat als Agnaten ihn berufen,
Er darf nur treten an die Stufen,
Die reichen Lehne harren ſein!
Wer denkt es nicht, daß ihm gepreßt
Aus heißer Wimper Thränen floſſen!
Dann plötzlich ſteht ſein Auge feſt,
Der Zähren Quelle iſt geſchloſſen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |