Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwar in der immer grünen Zier
Erschienst, o freundlich Element,
Du ähnlich den Oasen mir,
Die des Arabers Sehnsucht kennt;
Wenn neben der verdorrten Flur
Erblühten deine Moose noch,
Wenn durch die schweigende Natur
Erklangen deine Wellen doch.
Allein auch heute wollt' ich gern
Mich des krystallnen Flimmers freun,
Belauschen jeden Farbenstern
Und keinen Sommertag bereun:
Wär' nicht dem Ufer längs, so breit,
Die glatte Schlittenbahn gefegt,
Worauf sich wohl zur Mittagszeit
Gar manche rüst'ge Ferse regt.
Bedenk' ich nun, wie manches Jahr
Ich nimmer eine Eisbahn sah:
Wohl wird mir's trüb' und wunderbar,
Und tausend Bilder treten nah.
Was blieb an Wünschen unerfüllt,
Das nähm' ich noch gelassen mit:
Doch ach, der Frost so manchen hüllt,
Der einst so fröhlich drüber glitt!

Zwar in der immer grünen Zier
Erſchienſt, o freundlich Element,
Du ähnlich den Oaſen mir,
Die des Arabers Sehnſucht kennt;
Wenn neben der verdorrten Flur
Erblühten deine Mooſe noch,
Wenn durch die ſchweigende Natur
Erklangen deine Wellen doch.
Allein auch heute wollt' ich gern
Mich des kryſtallnen Flimmers freun,
Belauſchen jeden Farbenſtern
Und keinen Sommertag bereun:
Wär' nicht dem Ufer längs, ſo breit,
Die glatte Schlittenbahn gefegt,
Worauf ſich wohl zur Mittagszeit
Gar manche rüſt'ge Ferſe regt.
Bedenk' ich nun, wie manches Jahr
Ich nimmer eine Eisbahn ſah:
Wohl wird mir's trüb' und wunderbar,
Und tauſend Bilder treten nah.
Was blieb an Wünſchen unerfüllt,
Das nähm' ich noch gelaſſen mit:
Doch ach, der Froſt ſo manchen hüllt,
Der einſt ſo fröhlich drüber glitt!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0124" n="110"/>
              <lg n="3">
                <l>Zwar in der immer grünen Zier</l><lb/>
                <l>Er&#x017F;chien&#x017F;t, o freundlich Element,</l><lb/>
                <l>Du ähnlich den Oa&#x017F;en mir,</l><lb/>
                <l>Die des Arabers Sehn&#x017F;ucht kennt;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Wenn neben der verdorrten Flur</l><lb/>
                <l>Erblühten deine Moo&#x017F;e noch,</l><lb/>
                <l>Wenn durch die &#x017F;chweigende Natur</l><lb/>
                <l>Erklangen deine Wellen doch.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="5">
                <l>Allein auch heute wollt' ich gern</l><lb/>
                <l>Mich des kry&#x017F;tallnen Flimmers freun,</l><lb/>
                <l>Belau&#x017F;chen jeden Farben&#x017F;tern</l><lb/>
                <l>Und keinen Sommertag bereun:</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="6">
                <l>Wär' nicht dem Ufer längs, &#x017F;o breit,</l><lb/>
                <l>Die glatte Schlittenbahn gefegt,</l><lb/>
                <l>Worauf &#x017F;ich wohl zur Mittagszeit</l><lb/>
                <l>Gar manche rü&#x017F;t'ge Fer&#x017F;e regt.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>Bedenk' ich nun, wie manches Jahr</l><lb/>
                <l>Ich nimmer eine Eisbahn &#x017F;ah:</l><lb/>
                <l>Wohl wird mir's trüb' und wunderbar,</l><lb/>
                <l>Und tau&#x017F;end Bilder treten nah.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Was blieb an Wün&#x017F;chen unerfüllt,</l><lb/>
                <l>Das nähm' ich noch gela&#x017F;&#x017F;en mit:</l><lb/>
                <l>Doch ach, der Fro&#x017F;t &#x017F;o manchen hüllt,</l><lb/>
                <l>Der ein&#x017F;t &#x017F;o fröhlich drüber glitt!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0124] Zwar in der immer grünen Zier Erſchienſt, o freundlich Element, Du ähnlich den Oaſen mir, Die des Arabers Sehnſucht kennt; Wenn neben der verdorrten Flur Erblühten deine Mooſe noch, Wenn durch die ſchweigende Natur Erklangen deine Wellen doch. Allein auch heute wollt' ich gern Mich des kryſtallnen Flimmers freun, Belauſchen jeden Farbenſtern Und keinen Sommertag bereun: Wär' nicht dem Ufer längs, ſo breit, Die glatte Schlittenbahn gefegt, Worauf ſich wohl zur Mittagszeit Gar manche rüſt'ge Ferſe regt. Bedenk' ich nun, wie manches Jahr Ich nimmer eine Eisbahn ſah: Wohl wird mir's trüb' und wunderbar, Und tauſend Bilder treten nah. Was blieb an Wünſchen unerfüllt, Das nähm' ich noch gelaſſen mit: Doch ach, der Froſt ſo manchen hüllt, Der einſt ſo fröhlich drüber glitt!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/124
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/124>, abgerufen am 26.11.2024.