Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Säntis. *
Frühling.
Die Rebe blüht, ihr linder Hauch
Durchzieht das thauige Revier,
Und nah' und ferne wiegt die Luft
Vielfarb'ger Blumen bunte Zier.
Wie's um mich gaukelt, wie es summt
Von Vogel, Bien' und Schmetterling,
Wie seine seidnen Wimpel regt
Der Zweig, so jüngst voll Reifen hing.
Noch sucht man gern den Sonnenschein
Und nimmt die trocknen Plätzchen ein;
Denn Nachts schleicht an die Gränze doch
Der landesflücht'ge Winter noch.
O du mein ernst gewalt'ger Greis,
Mein Säntis mit der Locke weiß!
In Felsenblöcke eingemauert,
Von Schneegestöber überschauert,
In Eisespanzer eingeschnürt:
Hu! wie dich schaudert, wie dich friert!

* Die Kuppe des Alpsteins, der sich durch die Kantone St. Gallen
und Appenzell streckt.
Der Säntis. *
Frühling.
Die Rebe blüht, ihr linder Hauch
Durchzieht das thauige Revier,
Und nah' und ferne wiegt die Luft
Vielfarb'ger Blumen bunte Zier.
Wie's um mich gaukelt, wie es ſummt
Von Vogel, Bien' und Schmetterling,
Wie ſeine ſeidnen Wimpel regt
Der Zweig, ſo jüngſt voll Reifen hing.
Noch ſucht man gern den Sonnenſchein
Und nimmt die trocknen Plätzchen ein;
Denn Nachts ſchleicht an die Gränze doch
Der landesflücht'ge Winter noch.
O du mein ernſt gewalt'ger Greis,
Mein Säntis mit der Locke weiß!
In Felſenblöcke eingemauert,
Von Schneegeſtöber überſchauert,
In Eiſespanzer eingeſchnürt:
Hu! wie dich ſchaudert, wie dich friert!

* Die Kuppe des Alpſteins, der ſich durch die Kantone St. Gallen
und Appenzell ſtreckt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0118" n="104"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Säntis.</hi> <note place="foot" n="*">Die Kuppe des Alp&#x017F;teins, der &#x017F;ich durch die Kantone St. Gallen<lb/>
und Appenzell &#x017F;treckt.<lb/></note><lb/>
          </head>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g">Frühling.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Die Rebe blüht, ihr linder Hauch</l><lb/>
                <l>Durchzieht das thauige Revier,</l><lb/>
                <l>Und nah' und ferne wiegt die Luft</l><lb/>
                <l>Vielfarb'ger Blumen bunte Zier.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Wie's um mich gaukelt, wie es &#x017F;ummt</l><lb/>
                <l>Von Vogel, Bien' und Schmetterling,</l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;eine &#x017F;eidnen Wimpel regt</l><lb/>
                <l>Der Zweig, &#x017F;o jüng&#x017F;t voll Reifen hing.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Noch &#x017F;ucht man gern den Sonnen&#x017F;chein</l><lb/>
                <l>Und nimmt die trocknen Plätzchen ein;</l><lb/>
                <l>Denn Nachts &#x017F;chleicht an die Gränze doch</l><lb/>
                <l>Der landesflücht'ge Winter noch.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>O du mein ern&#x017F;t gewalt'ger Greis,</l><lb/>
                <l>Mein Säntis mit der Locke weiß!</l><lb/>
                <l>In Fel&#x017F;enblöcke eingemauert,</l><lb/>
                <l>Von Schneege&#x017F;töber über&#x017F;chauert,</l><lb/>
                <l>In Ei&#x017F;espanzer einge&#x017F;chnürt:</l><lb/>
                <l>Hu! wie dich &#x017F;chaudert, wie dich friert!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0118] Der Säntis. * Frühling. Die Rebe blüht, ihr linder Hauch Durchzieht das thauige Revier, Und nah' und ferne wiegt die Luft Vielfarb'ger Blumen bunte Zier. Wie's um mich gaukelt, wie es ſummt Von Vogel, Bien' und Schmetterling, Wie ſeine ſeidnen Wimpel regt Der Zweig, ſo jüngſt voll Reifen hing. Noch ſucht man gern den Sonnenſchein Und nimmt die trocknen Plätzchen ein; Denn Nachts ſchleicht an die Gränze doch Der landesflücht'ge Winter noch. O du mein ernſt gewalt'ger Greis, Mein Säntis mit der Locke weiß! In Felſenblöcke eingemauert, Von Schneegeſtöber überſchauert, In Eiſespanzer eingeſchnürt: Hu! wie dich ſchaudert, wie dich friert! * Die Kuppe des Alpſteins, der ſich durch die Kantone St. Gallen und Appenzell ſtreckt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/118
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/118>, abgerufen am 21.11.2024.