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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Die Sünderin.
chen, falls sie dergleichen Aufträge erhalten könnte. Die
Alte war damit zufrieden, meinte aber doch gleich, daß
das auch sehr ungewiß sei.

Mittlerweile waren die ersten Tage dieser neuen Ein¬
richtung verflossen. Da gegen Ende der Woche kam
eines Morgens die Alte ganz bestürzt in Mathildens
Kammer, und sagte, der Polizeikommissair sei unten und
verlange mit ihr zu sprechen. Mathilde erschrak, ohne
eigentlich zu wissen, warum, aber der bloße Name der
Polizei genügt bei den Armen und Hülflosen, um auch
dem unschuldigsten, reinsten Gemüth Angst und Entsetzen
einzujagen. Sie warf ein Tuch über, bat die Alte bei
dem Kinde zu bleiben, und eilte mit einem in bebender
Ahnung klopfenden Herzen hinunter zu dem Mann, in
dessen Händen ihre ganze Zukunft lag.

Der Polizeikommissair schien beim ersten Anblick von
dem Ausdruck ihrer kindlichen Züge, auf welchen sich
Scham und spannende Besorgniß malten, und von ihrem
ganzen sittsamen Wesen überrascht zu sein. Aber eine
lange Erfahrung hatte ihn mißtrauisch gegen das gün¬
stige Vorurtheil eines solchen ersten Eindruckes gemacht,
und gleichsam um sein Gefühl zu bewältigen, wurde seine
Stimme noch rauher und mürrischer als sonst.

Die Suͤnderin.
chen, falls ſie dergleichen Auftraͤge erhalten koͤnnte. Die
Alte war damit zufrieden, meinte aber doch gleich, daß
das auch ſehr ungewiß ſei.

Mittlerweile waren die erſten Tage dieſer neuen Ein¬
richtung verfloſſen. Da gegen Ende der Woche kam
eines Morgens die Alte ganz beſtuͤrzt in Mathildens
Kammer, und ſagte, der Polizeikommiſſair ſei unten und
verlange mit ihr zu ſprechen. Mathilde erſchrak, ohne
eigentlich zu wiſſen, warum, aber der bloße Name der
Polizei genuͤgt bei den Armen und Huͤlfloſen, um auch
dem unſchuldigſten, reinſten Gemuͤth Angſt und Entſetzen
einzujagen. Sie warf ein Tuch uͤber, bat die Alte bei
dem Kinde zu bleiben, und eilte mit einem in bebender
Ahnung klopfenden Herzen hinunter zu dem Mann, in
deſſen Haͤnden ihre ganze Zukunft lag.

Der Polizeikommiſſair ſchien beim erſten Anblick von
dem Ausdruck ihrer kindlichen Zuͤge, auf welchen ſich
Scham und ſpannende Beſorgniß malten, und von ihrem
ganzen ſittſamen Weſen uͤberraſcht zu ſein. Aber eine
lange Erfahrung hatte ihn mißtrauiſch gegen das guͤn¬
ſtige Vorurtheil eines ſolchen erſten Eindruckes gemacht,
und gleichſam um ſein Gefuͤhl zu bewaͤltigen, wurde ſeine
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[79/0093] Die Suͤnderin. chen, falls ſie dergleichen Auftraͤge erhalten koͤnnte. Die Alte war damit zufrieden, meinte aber doch gleich, daß das auch ſehr ungewiß ſei. Mittlerweile waren die erſten Tage dieſer neuen Ein¬ richtung verfloſſen. Da gegen Ende der Woche kam eines Morgens die Alte ganz beſtuͤrzt in Mathildens Kammer, und ſagte, der Polizeikommiſſair ſei unten und verlange mit ihr zu ſprechen. Mathilde erſchrak, ohne eigentlich zu wiſſen, warum, aber der bloße Name der Polizei genuͤgt bei den Armen und Huͤlfloſen, um auch dem unſchuldigſten, reinſten Gemuͤth Angſt und Entſetzen einzujagen. Sie warf ein Tuch uͤber, bat die Alte bei dem Kinde zu bleiben, und eilte mit einem in bebender Ahnung klopfenden Herzen hinunter zu dem Mann, in deſſen Haͤnden ihre ganze Zukunft lag. Der Polizeikommiſſair ſchien beim erſten Anblick von dem Ausdruck ihrer kindlichen Zuͤge, auf welchen ſich Scham und ſpannende Beſorgniß malten, und von ihrem ganzen ſittſamen Weſen uͤberraſcht zu ſein. Aber eine lange Erfahrung hatte ihn mißtrauiſch gegen das guͤn¬ ſtige Vorurtheil eines ſolchen erſten Eindruckes gemacht, und gleichſam um ſein Gefuͤhl zu bewaͤltigen, wurde ſeine Stimme noch rauher und muͤrriſcher als ſonſt.

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/93>, abgerufen am 23.11.2024.