Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armut und Verbrechen. lich in Bezug weiterer Mitschuldigen, zu erlangen hoffte,so wurde er in einsamem, strengem Gewahrsam gehalten, und so konnte ihn das Ausbleiben seiner Frau nicht wun¬ dern. Aber der Gedanke an sie, die Hülflose, Verzwei¬ felnde, nagte gräßlich in seinem Innern. Zuweilen ergriff ihn eine plötzliche Angst, daß er hätte aufschreien oder weit, weit fortlaufen mögen, dann wieder verfiel er in den tiefsten Trübsinn. In einer Nacht fuhr er aus einem Traum auf. Die Angst jagte ihn ruhelos im Zimmer umher, und die hoffnungslose Verzweiflung seiner Lage ließ ihn seinem Zustande ein Ende machen. Er stieg auf einen Stuhl in der Nähe des Fensters, band sein Hals¬ tuch um den Hals, knüpfte dann die Enden fest an die Gitterstäbe des Fensters und stieß den Stuhl unter sich mit dem Fuße fort. Als am Morgen der Gefangenwärter eintrat, hatte Nachdem in jener Nacht des Einbruchs die Diebe Armut und Verbrechen. lich in Bezug weiterer Mitſchuldigen, zu erlangen hoffte,ſo wurde er in einſamem, ſtrengem Gewahrſam gehalten, und ſo konnte ihn das Ausbleiben ſeiner Frau nicht wun¬ dern. Aber der Gedanke an ſie, die Huͤlfloſe, Verzwei¬ felnde, nagte graͤßlich in ſeinem Innern. Zuweilen ergriff ihn eine ploͤtzliche Angſt, daß er haͤtte aufſchreien oder weit, weit fortlaufen moͤgen, dann wieder verfiel er in den tiefſten Truͤbſinn. In einer Nacht fuhr er aus einem Traum auf. Die Angſt jagte ihn ruhelos im Zimmer umher, und die hoffnungsloſe Verzweiflung ſeiner Lage ließ ihn ſeinem Zuſtande ein Ende machen. Er ſtieg auf einen Stuhl in der Naͤhe des Fenſters, band ſein Hals¬ tuch um den Hals, knuͤpfte dann die Enden feſt an die Gitterſtaͤbe des Fenſters und ſtieß den Stuhl unter ſich mit dem Fuße fort. Als am Morgen der Gefangenwaͤrter eintrat, hatte Nachdem in jener Nacht des Einbruchs die Diebe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059" n="45"/><fw place="top" type="header">Armut und Verbrechen.<lb/></fw>lich in Bezug weiterer Mitſchuldigen, zu erlangen hoffte,<lb/> ſo wurde er in einſamem, ſtrengem Gewahrſam gehalten,<lb/> und ſo konnte ihn das Ausbleiben ſeiner Frau nicht wun¬<lb/> dern. Aber der Gedanke an ſie, die Huͤlfloſe, Verzwei¬<lb/> felnde, nagte graͤßlich in ſeinem Innern. Zuweilen ergriff<lb/> ihn eine ploͤtzliche Angſt, daß er haͤtte aufſchreien oder<lb/> weit, weit fortlaufen moͤgen, dann wieder verfiel er in<lb/> den tiefſten Truͤbſinn. In einer Nacht fuhr er aus einem<lb/> Traum auf. Die Angſt jagte ihn ruhelos im Zimmer<lb/> umher, und die hoffnungsloſe Verzweiflung ſeiner Lage<lb/> ließ ihn ſeinem Zuſtande ein Ende machen. Er ſtieg auf<lb/> einen Stuhl in der Naͤhe des Fenſters, band ſein Hals¬<lb/> tuch um den Hals, knuͤpfte dann die Enden feſt an die<lb/> Gitterſtaͤbe des Fenſters und ſtieß den Stuhl unter ſich<lb/> mit dem Fuße fort.</p><lb/> <p>Als am Morgen der Gefangenwaͤrter eintrat, hatte<lb/> die gequaͤlte Seele Ruhe gefunden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Nachdem in jener Nacht des Einbruchs die Diebe<lb/> gluͤcklich eingefangen waren, hatte ſich Will Fiſcher, im<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0059]
Armut und Verbrechen.
lich in Bezug weiterer Mitſchuldigen, zu erlangen hoffte,
ſo wurde er in einſamem, ſtrengem Gewahrſam gehalten,
und ſo konnte ihn das Ausbleiben ſeiner Frau nicht wun¬
dern. Aber der Gedanke an ſie, die Huͤlfloſe, Verzwei¬
felnde, nagte graͤßlich in ſeinem Innern. Zuweilen ergriff
ihn eine ploͤtzliche Angſt, daß er haͤtte aufſchreien oder
weit, weit fortlaufen moͤgen, dann wieder verfiel er in
den tiefſten Truͤbſinn. In einer Nacht fuhr er aus einem
Traum auf. Die Angſt jagte ihn ruhelos im Zimmer
umher, und die hoffnungsloſe Verzweiflung ſeiner Lage
ließ ihn ſeinem Zuſtande ein Ende machen. Er ſtieg auf
einen Stuhl in der Naͤhe des Fenſters, band ſein Hals¬
tuch um den Hals, knuͤpfte dann die Enden feſt an die
Gitterſtaͤbe des Fenſters und ſtieß den Stuhl unter ſich
mit dem Fuße fort.
Als am Morgen der Gefangenwaͤrter eintrat, hatte
die gequaͤlte Seele Ruhe gefunden.
Nachdem in jener Nacht des Einbruchs die Diebe
gluͤcklich eingefangen waren, hatte ſich Will Fiſcher, im
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/59 |
Zitationshilfe: | Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/59>, abgerufen am 31.07.2024. |