Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armuth und Verbrechen. Schenk, der fortwährend im Zimmer auf- und nie¬ "Freilich, freilich! Die Sünde ist nur für uns. "Keinen Bissen esse ich von Deinem Sündenbrot!" Schenk ging eine Zeitlang schweigend durch's Zimmer. "Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was "Willst Du mir versprechen, Dir solch sündhaftes Armuth und Verbrechen. Schenk, der fortwaͤhrend im Zimmer auf- und nie¬ „Freilich, freilich! Die Suͤnde iſt nur fuͤr uns. „Keinen Biſſen eſſe ich von Deinem Suͤndenbrot!“ Schenk ging eine Zeitlang ſchweigend durch's Zimmer. „Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was „Willſt Du mir verſprechen, Dir ſolch ſuͤndhaftes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0050" n="36"/> <fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw> <p>Schenk, der fortwaͤhrend im Zimmer auf- und nie¬<lb/> derging, ſchlug eine grimmige Lache auf.</p><lb/> <p>„Freilich, freilich! Die Suͤnde iſt nur fuͤr uns.<lb/> Wenn unſer Einer ſtiehlt oder betruͤgt, dann iſt's Suͤnde;<lb/> wenn Einem aber der Kaufmann ſchlechte Waare auf¬<lb/> luͤgt, wenn die Kinder der Reichen unſere Kinder um<lb/> das Gluͤck des Lebens beſtehlen, dann iſt's Recht und<lb/> Ordnung. Wir muͤſſen ſuchen reich zu werden, um nach<lb/> Recht und Ordnung ſtehlen und betruͤgen zu koͤnnen, ſo<lb/> lange aber muͤſſen wir's heimlich thun.“ —</p><lb/> <p>„Keinen Biſſen eſſe ich von Deinem Suͤndenbrot!“<lb/> rief die Frau, indem ſie das Eſſen, welches ſie bis dahin<lb/> in der Hand gehalten, von ſich warf.</p><lb/> <p>Schenk ging eine Zeitlang ſchweigend durch's Zimmer.<lb/> Als er endlich ſah, wie ſeine Frau das Geſicht in die<lb/> Haͤnde verborgen hatte und leiſe in ſich hineinweinte, trat<lb/> er an ſie heran, und ſagte milder:</p><lb/> <p>„Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was<lb/> ich Dir geſagt habe, die Noth giebt Einem ſolch' ver¬<lb/> ruͤckte Gedanken ein.“ —</p><lb/> <p>„Willſt Du mir verſprechen, Dir ſolch ſuͤndhaftes<lb/> Zeug aus dem Sinne zu ſchlagen, und Dich nicht wie¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0050]
Armuth und Verbrechen.
Schenk, der fortwaͤhrend im Zimmer auf- und nie¬
derging, ſchlug eine grimmige Lache auf.
„Freilich, freilich! Die Suͤnde iſt nur fuͤr uns.
Wenn unſer Einer ſtiehlt oder betruͤgt, dann iſt's Suͤnde;
wenn Einem aber der Kaufmann ſchlechte Waare auf¬
luͤgt, wenn die Kinder der Reichen unſere Kinder um
das Gluͤck des Lebens beſtehlen, dann iſt's Recht und
Ordnung. Wir muͤſſen ſuchen reich zu werden, um nach
Recht und Ordnung ſtehlen und betruͤgen zu koͤnnen, ſo
lange aber muͤſſen wir's heimlich thun.“ —
„Keinen Biſſen eſſe ich von Deinem Suͤndenbrot!“
rief die Frau, indem ſie das Eſſen, welches ſie bis dahin
in der Hand gehalten, von ſich warf.
Schenk ging eine Zeitlang ſchweigend durch's Zimmer.
Als er endlich ſah, wie ſeine Frau das Geſicht in die
Haͤnde verborgen hatte und leiſe in ſich hineinweinte, trat
er an ſie heran, und ſagte milder:
„Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was
ich Dir geſagt habe, die Noth giebt Einem ſolch' ver¬
ruͤckte Gedanken ein.“ —
„Willſt Du mir verſprechen, Dir ſolch ſuͤndhaftes
Zeug aus dem Sinne zu ſchlagen, und Dich nicht wie¬
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