Schenk, der fortwährend im Zimmer auf- und nie¬ derging, schlug eine grimmige Lache auf.
"Freilich, freilich! Die Sünde ist nur für uns. Wenn unser Einer stiehlt oder betrügt, dann ist's Sünde; wenn Einem aber der Kaufmann schlechte Waare auf¬ lügt, wenn die Kinder der Reichen unsere Kinder um das Glück des Lebens bestehlen, dann ist's Recht und Ordnung. Wir müssen suchen reich zu werden, um nach Recht und Ordnung stehlen und betrügen zu können, so lange aber müssen wir's heimlich thun." --
"Keinen Bissen esse ich von Deinem Sündenbrot!" rief die Frau, indem sie das Essen, welches sie bis dahin in der Hand gehalten, von sich warf.
Schenk ging eine Zeitlang schweigend durch's Zimmer. Als er endlich sah, wie seine Frau das Gesicht in die Hände verborgen hatte und leise in sich hineinweinte, trat er an sie heran, und sagte milder:
"Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was ich Dir gesagt habe, die Noth giebt Einem solch' ver¬ rückte Gedanken ein." --
"Willst Du mir versprechen, Dir solch sündhaftes Zeug aus dem Sinne zu schlagen, und Dich nicht wie¬
Armuth und Verbrechen.
Schenk, der fortwaͤhrend im Zimmer auf- und nie¬ derging, ſchlug eine grimmige Lache auf.
„Freilich, freilich! Die Suͤnde iſt nur fuͤr uns. Wenn unſer Einer ſtiehlt oder betruͤgt, dann iſt's Suͤnde; wenn Einem aber der Kaufmann ſchlechte Waare auf¬ luͤgt, wenn die Kinder der Reichen unſere Kinder um das Gluͤck des Lebens beſtehlen, dann iſt's Recht und Ordnung. Wir muͤſſen ſuchen reich zu werden, um nach Recht und Ordnung ſtehlen und betruͤgen zu koͤnnen, ſo lange aber muͤſſen wir's heimlich thun.“ —
„Keinen Biſſen eſſe ich von Deinem Suͤndenbrot!“ rief die Frau, indem ſie das Eſſen, welches ſie bis dahin in der Hand gehalten, von ſich warf.
Schenk ging eine Zeitlang ſchweigend durch's Zimmer. Als er endlich ſah, wie ſeine Frau das Geſicht in die Haͤnde verborgen hatte und leiſe in ſich hineinweinte, trat er an ſie heran, und ſagte milder:
„Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was ich Dir geſagt habe, die Noth giebt Einem ſolch' ver¬ ruͤckte Gedanken ein.“ —
„Willſt Du mir verſprechen, Dir ſolch ſuͤndhaftes Zeug aus dem Sinne zu ſchlagen, und Dich nicht wie¬
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Armuth und Verbrechen.
Schenk, der fortwaͤhrend im Zimmer auf- und nie¬
derging, ſchlug eine grimmige Lache auf.
„Freilich, freilich! Die Suͤnde iſt nur fuͤr uns.
Wenn unſer Einer ſtiehlt oder betruͤgt, dann iſt's Suͤnde;
wenn Einem aber der Kaufmann ſchlechte Waare auf¬
luͤgt, wenn die Kinder der Reichen unſere Kinder um
das Gluͤck des Lebens beſtehlen, dann iſt's Recht und
Ordnung. Wir muͤſſen ſuchen reich zu werden, um nach
Recht und Ordnung ſtehlen und betruͤgen zu koͤnnen, ſo
lange aber muͤſſen wir's heimlich thun.“ —
„Keinen Biſſen eſſe ich von Deinem Suͤndenbrot!“
rief die Frau, indem ſie das Eſſen, welches ſie bis dahin
in der Hand gehalten, von ſich warf.
Schenk ging eine Zeitlang ſchweigend durch's Zimmer.
Als er endlich ſah, wie ſeine Frau das Geſicht in die
Haͤnde verborgen hatte und leiſe in ſich hineinweinte, trat
er an ſie heran, und ſagte milder:
„Sei ruhig, mein Weib! Achte nicht auf das, was
ich Dir geſagt habe, die Noth giebt Einem ſolch' ver¬
ruͤckte Gedanken ein.“ —
„Willſt Du mir verſprechen, Dir ſolch ſuͤndhaftes
Zeug aus dem Sinne zu ſchlagen, und Dich nicht wie¬
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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/50>, abgerufen am 07.07.2024.
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