mußte noch zufrieden sein, daß ihm nicht sein kleines Besitzthum an Zahlungs Statt zurückgehalten wurde.
Sie bezogen jetzt eine ärmlich kleine Wohnung. Schenk arbeitete nur noch mit einem einzigen Gesellen und die Werkstatt bildete zugleich Wohn- und Schlaf¬ stube. Die kränkliche Frau und das hinfällige Kind litten indeß nicht lange unter dem Geräusch der Arbeit, denn ein halbes Jahr darauf stand dieselbe ganz still. Schenks Verdienst bei der angestrengtesten Thätigkeit war jetzt so gering geworden, daß er damit nicht einmal die nothwendigsten Existenzmittel bestreiten konnte. Einige Vorschüsse bei dem Bretterhändler und der Rückstand des Gesellenlohnes setzten ihn bald außer Brot.
Eine Zeitlang lief Schenk umher, um bei Andern Arbeit zu suchen, aber wie er auch flehte und seine verzweiflungsvolle Noth schilderte, sein Bemühen blieb ohne Erfolg. Sein früherer Meister, an den er sich mit der Bitte wendete, ihm nur irgend eine geringe und grobe Arbeit zu geben, ließ ihn am härtesten an.
"Wenn es blos auf Euren schwachen Arm an¬ käme," sagte er, "da wollte ich schon Nachsicht ha¬ ben. Aber Ihr habt bereits einen Diebstahl began¬
Armuth und Verbrechen.
mußte noch zufrieden ſein, daß ihm nicht ſein kleines Beſitzthum an Zahlungs Statt zuruͤckgehalten wurde.
Sie bezogen jetzt eine aͤrmlich kleine Wohnung. Schenk arbeitete nur noch mit einem einzigen Geſellen und die Werkſtatt bildete zugleich Wohn- und Schlaf¬ ſtube. Die kraͤnkliche Frau und das hinfaͤllige Kind litten indeß nicht lange unter dem Geraͤuſch der Arbeit, denn ein halbes Jahr darauf ſtand dieſelbe ganz ſtill. Schenks Verdienſt bei der angeſtrengteſten Thaͤtigkeit war jetzt ſo gering geworden, daß er damit nicht einmal die nothwendigſten Exiſtenzmittel beſtreiten konnte. Einige Vorſchuͤſſe bei dem Bretterhaͤndler und der Ruͤckſtand des Geſellenlohnes ſetzten ihn bald außer Brot.
Eine Zeitlang lief Schenk umher, um bei Andern Arbeit zu ſuchen, aber wie er auch flehte und ſeine verzweiflungsvolle Noth ſchilderte, ſein Bemuͤhen blieb ohne Erfolg. Sein fruͤherer Meiſter, an den er ſich mit der Bitte wendete, ihm nur irgend eine geringe und grobe Arbeit zu geben, ließ ihn am haͤrteſten an.
„Wenn es blos auf Euren ſchwachen Arm an¬ kaͤme,“ ſagte er, „da wollte ich ſchon Nachſicht ha¬ ben. Aber Ihr habt bereits einen Diebſtahl began¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0035"n="21"/><fwplace="top"type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>mußte noch zufrieden ſein, daß ihm nicht ſein kleines<lb/>
Beſitzthum an Zahlungs Statt zuruͤckgehalten wurde.</p><lb/><p>Sie bezogen jetzt eine aͤrmlich kleine Wohnung.<lb/>
Schenk arbeitete nur noch mit einem einzigen Geſellen<lb/>
und die Werkſtatt bildete zugleich Wohn- und Schlaf¬<lb/>ſtube. Die kraͤnkliche Frau und das hinfaͤllige Kind<lb/>
litten indeß nicht lange unter dem Geraͤuſch der Arbeit,<lb/>
denn ein halbes Jahr darauf ſtand dieſelbe ganz ſtill.<lb/>
Schenks Verdienſt bei der angeſtrengteſten Thaͤtigkeit<lb/>
war jetzt ſo gering geworden, daß er damit nicht einmal<lb/>
die nothwendigſten Exiſtenzmittel beſtreiten konnte. Einige<lb/>
Vorſchuͤſſe bei dem Bretterhaͤndler und der Ruͤckſtand<lb/>
des Geſellenlohnes ſetzten ihn bald außer Brot.</p><lb/><p>Eine Zeitlang lief Schenk umher, um bei Andern<lb/>
Arbeit zu ſuchen, aber wie er auch flehte und ſeine<lb/>
verzweiflungsvolle Noth ſchilderte, ſein Bemuͤhen blieb<lb/>
ohne Erfolg. Sein fruͤherer Meiſter, an den er ſich<lb/>
mit der Bitte wendete, ihm nur irgend eine geringe<lb/>
und grobe Arbeit zu geben, ließ ihn am haͤrteſten an.</p><lb/><p>„Wenn es blos auf Euren ſchwachen Arm an¬<lb/>
kaͤme,“ſagte er, „da wollte ich ſchon Nachſicht ha¬<lb/>
ben. Aber Ihr habt bereits einen Diebſtahl began¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[21/0035]
Armuth und Verbrechen.
mußte noch zufrieden ſein, daß ihm nicht ſein kleines
Beſitzthum an Zahlungs Statt zuruͤckgehalten wurde.
Sie bezogen jetzt eine aͤrmlich kleine Wohnung.
Schenk arbeitete nur noch mit einem einzigen Geſellen
und die Werkſtatt bildete zugleich Wohn- und Schlaf¬
ſtube. Die kraͤnkliche Frau und das hinfaͤllige Kind
litten indeß nicht lange unter dem Geraͤuſch der Arbeit,
denn ein halbes Jahr darauf ſtand dieſelbe ganz ſtill.
Schenks Verdienſt bei der angeſtrengteſten Thaͤtigkeit
war jetzt ſo gering geworden, daß er damit nicht einmal
die nothwendigſten Exiſtenzmittel beſtreiten konnte. Einige
Vorſchuͤſſe bei dem Bretterhaͤndler und der Ruͤckſtand
des Geſellenlohnes ſetzten ihn bald außer Brot.
Eine Zeitlang lief Schenk umher, um bei Andern
Arbeit zu ſuchen, aber wie er auch flehte und ſeine
verzweiflungsvolle Noth ſchilderte, ſein Bemuͤhen blieb
ohne Erfolg. Sein fruͤherer Meiſter, an den er ſich
mit der Bitte wendete, ihm nur irgend eine geringe
und grobe Arbeit zu geben, ließ ihn am haͤrteſten an.
„Wenn es blos auf Euren ſchwachen Arm an¬
kaͤme,“ ſagte er, „da wollte ich ſchon Nachſicht ha¬
ben. Aber Ihr habt bereits einen Diebſtahl began¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/35>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.