du gethan, daß du geschaffen werden mußtest? In Armuth geboren, in Noth und Elend zu leben, in Sünde vielleicht zu sterben! Was willst Du in der Welt? Wahrlich, es wäre besser, ich tödtete Dich in Deinem friedlichen Schlummer, bevor ihn das Bewußt¬ sein Deines verfluchten Lebens zerstört!" --
Als die Arbeit dergestalt zu erlahmen begann, daß Schenk von dem Erlös kaum noch die Gesellen bezah¬ len konnte, mußte er sich endlich dazu entschließen, einen derselben zu entlassen. Es war dies der Anfang eines immer größeren Verfalls. Die Arbeit wurde jetzt ge¬ ringer und demgemäß auch der Verdienst des Meisters schmäler. Die Kränklichkeit der Wöchnerin, die stär¬ kender Nahrung bedurfte, verlangte größere Ausgaben, und da Schenk Alles auf sie verwendete, oft ohne daß sie das Opfer selbst bemerkte, so mußten die übrigen Verpflichtungen zurückstehen. Demzufolge kündigte ihm zunächst der Hausmann, der seit längerer Zeit keine Miethe erhalten hatte, die Wohnung auf, und Schenk
Armuth und Verbrechen.
du gethan, daß du geſchaffen werden mußteſt? In Armuth geboren, in Noth und Elend zu leben, in Suͤnde vielleicht zu ſterben! Was willſt Du in der Welt? Wahrlich, es waͤre beſſer, ich toͤdtete Dich in Deinem friedlichen Schlummer, bevor ihn das Bewußt¬ ſein Deines verfluchten Lebens zerſtoͤrt!“ —
Als die Arbeit dergeſtalt zu erlahmen begann, daß Schenk von dem Erloͤs kaum noch die Geſellen bezah¬ len konnte, mußte er ſich endlich dazu entſchließen, einen derſelben zu entlaſſen. Es war dies der Anfang eines immer groͤßeren Verfalls. Die Arbeit wurde jetzt ge¬ ringer und demgemaͤß auch der Verdienſt des Meiſters ſchmaͤler. Die Kraͤnklichkeit der Woͤchnerin, die ſtaͤr¬ kender Nahrung bedurfte, verlangte groͤßere Ausgaben, und da Schenk Alles auf ſie verwendete, oft ohne daß ſie das Opfer ſelbſt bemerkte, ſo mußten die uͤbrigen Verpflichtungen zuruͤckſtehen. Demzufolge kuͤndigte ihm zunaͤchſt der Hausmann, der ſeit laͤngerer Zeit keine Miethe erhalten hatte, die Wohnung auf, und Schenk
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Armuth und Verbrechen.
du gethan, daß du geſchaffen werden mußteſt? In
Armuth geboren, in Noth und Elend zu leben, in
Suͤnde vielleicht zu ſterben! Was willſt Du in der
Welt? Wahrlich, es waͤre beſſer, ich toͤdtete Dich in
Deinem friedlichen Schlummer, bevor ihn das Bewußt¬
ſein Deines verfluchten Lebens zerſtoͤrt!“ —
Als die Arbeit dergeſtalt zu erlahmen begann, daß
Schenk von dem Erloͤs kaum noch die Geſellen bezah¬
len konnte, mußte er ſich endlich dazu entſchließen, einen
derſelben zu entlaſſen. Es war dies der Anfang eines
immer groͤßeren Verfalls. Die Arbeit wurde jetzt ge¬
ringer und demgemaͤß auch der Verdienſt des Meiſters
ſchmaͤler. Die Kraͤnklichkeit der Woͤchnerin, die ſtaͤr¬
kender Nahrung bedurfte, verlangte groͤßere Ausgaben,
und da Schenk Alles auf ſie verwendete, oft ohne daß
ſie das Opfer ſelbſt bemerkte, ſo mußten die uͤbrigen
Verpflichtungen zuruͤckſtehen. Demzufolge kuͤndigte ihm
zunaͤchſt der Hausmann, der ſeit laͤngerer Zeit keine
Miethe erhalten hatte, die Wohnung auf, und Schenk
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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/34>, abgerufen am 07.07.2024.
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