sonst versprach sie Alles zu thun, was er von ihr ver¬ langte; der Beamte blieb diesmal unerbittlich.
"Wenn es Ihr Ernst mit solchen Versprechen wäre," sagte er achselzuckend, "so hätte Sie längst meine War¬ nung befolgt. Jetzt ist es zu spät; man kennt ja auch solche Versprechen der Angst. -- Also marsch! Rasch zurechtgemacht, ich habe keine Zeit, länger auf Ihr La¬ mentiren zu hören. Nehm' Sie Ihren Mantel, damit wir vorwärts kommen!" --
Als Mathilde zuletzt einsah, daß Nichts sie mehr von diesem, für sie entsetzlichen Loos retten könne, riß sie plötzlich in einer Art Wahnsinn das Kind aus der Wiege und rief, indem sie mit der einen Hand das Kind in die Höhe hielt und mit der andern auf den Polizei¬ beamten zeigte:
"Sieh, das ist der Mann, der Dein und Deiner Mutter Verderben zu verantworten hat!" --
Einen Augenblick schien der Kommissair von dem verzweiflungsvollen Ton dieser Worte bestürzt und ergrif¬ fen zu sein, dann aber schoß ihm die Gluth des Zornes ins Gesicht und er gab der Tochter der Prostitution eine schallende Ohrfeige.
Die Suͤnderin.
ſonſt verſprach ſie Alles zu thun, was er von ihr ver¬ langte; der Beamte blieb diesmal unerbittlich.
„Wenn es Ihr Ernſt mit ſolchen Verſprechen waͤre,“ ſagte er achſelzuckend, „ſo haͤtte Sie laͤngſt meine War¬ nung befolgt. Jetzt iſt es zu ſpaͤt; man kennt ja auch ſolche Verſprechen der Angſt. — Alſo marſch! Raſch zurechtgemacht, ich habe keine Zeit, laͤnger auf Ihr La¬ mentiren zu hoͤren. Nehm' Sie Ihren Mantel, damit wir vorwaͤrts kommen!“ —
Als Mathilde zuletzt einſah, daß Nichts ſie mehr von dieſem, fuͤr ſie entſetzlichen Loos retten koͤnne, riß ſie ploͤtzlich in einer Art Wahnſinn das Kind aus der Wiege und rief, indem ſie mit der einen Hand das Kind in die Hoͤhe hielt und mit der andern auf den Polizei¬ beamten zeigte:
„Sieh, das iſt der Mann, der Dein und Deiner Mutter Verderben zu verantworten hat!“ —
Einen Augenblick ſchien der Kommiſſair von dem verzweiflungsvollen Ton dieſer Worte beſtuͤrzt und ergrif¬ fen zu ſein, dann aber ſchoß ihm die Gluth des Zornes ins Geſicht und er gab der Tochter der Proſtitution eine ſchallende Ohrfeige.
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Die Suͤnderin.
ſonſt verſprach ſie Alles zu thun, was er von ihr ver¬
langte; der Beamte blieb diesmal unerbittlich.
„Wenn es Ihr Ernſt mit ſolchen Verſprechen waͤre,“
ſagte er achſelzuckend, „ſo haͤtte Sie laͤngſt meine War¬
nung befolgt. Jetzt iſt es zu ſpaͤt; man kennt ja auch
ſolche Verſprechen der Angſt. — Alſo marſch! Raſch
zurechtgemacht, ich habe keine Zeit, laͤnger auf Ihr La¬
mentiren zu hoͤren. Nehm' Sie Ihren Mantel, damit
wir vorwaͤrts kommen!“ —
Als Mathilde zuletzt einſah, daß Nichts ſie mehr
von dieſem, fuͤr ſie entſetzlichen Loos retten koͤnne, riß
ſie ploͤtzlich in einer Art Wahnſinn das Kind aus der
Wiege und rief, indem ſie mit der einen Hand das Kind
in die Hoͤhe hielt und mit der andern auf den Polizei¬
beamten zeigte:
„Sieh, das iſt der Mann, der Dein und Deiner
Mutter Verderben zu verantworten hat!“ —
Einen Augenblick ſchien der Kommiſſair von dem
verzweiflungsvollen Ton dieſer Worte beſtuͤrzt und ergrif¬
fen zu ſein, dann aber ſchoß ihm die Gluth des Zornes
ins Geſicht und er gab der Tochter der Proſtitution eine
ſchallende Ohrfeige.
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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/103>, abgerufen am 17.02.2025.
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