gefallen lassen müssen, welche ihnen von den Land- eigen thümern eingeräumt werden. Allein erstlich ist dieses ja die vorliegende Frage: ob den Landeigenthü- mern nicht besser gerathen ist, wenn sie diese Gedul- deten als Bürger aufnehmen, als daß sie mit schwe- ren Kosten andere Fremden ins Land ziehen? -- Sodenn möchte ich auch erörtert wissen: wie lange, wie viel Jahrtausende dieses Verhältniß, als Land- eigenthümer und Fremdling fortdauern soll? Ob es nicht zum Besten der Menschheit und ihrer Cultur gereiche, diesen Unterschied in Vergessenheit kommen zu lassen?
Mich dünkt ferner, die Gesetze sollen überhaupt keine Rücksicht auf besondere Meynungen nehmen. Sie sollten ihren Weg unaufhaltsam fortgehen, und das vorschreiben, was dem allgemeinen Besten zu- träglich ist, und wer zwischen seinen besondern Mey- nungen und den Gesetzen eine Collision findet, mag zusehen, wie er diese heben kann. Soll das Vater- land vertheidiget werden; so muß jeder hinzueilen, dessen Beruf es ist. Die Menschen wissen in sol- chen Fällen schon ihre Meynungen zu modificiren, und so zu wenden, daß sie mit ihrem bürgerlichen Berufe übereinstimmen. Man suche ihnen nur die- sen Widerspruch nicht zu auffallend zu machen. In
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gefallen laſſen muͤſſen, welche ihnen von den Land- eigen thuͤmern eingeraͤumt werden. Allein erſtlich iſt dieſes ja die vorliegende Frage: ob den Landeigenthuͤ- mern nicht beſſer gerathen iſt, wenn ſie dieſe Gedul- deten als Buͤrger aufnehmen, als daß ſie mit ſchwe- ren Koſten andere Fremden ins Land ziehen? — Sodenn moͤchte ich auch eroͤrtert wiſſen: wie lange, wie viel Jahrtauſende dieſes Verhaͤltniß, als Land- eigenthuͤmer und Fremdling fortdauern ſoll? Ob es nicht zum Beſten der Menſchheit und ihrer Cultur gereiche, dieſen Unterſchied in Vergeſſenheit kommen zu laſſen?
Mich duͤnkt ferner, die Geſetze ſollen uͤberhaupt keine Ruͤckſicht auf beſondere Meynungen nehmen. Sie ſollten ihren Weg unaufhaltſam fortgehen, und das vorſchreiben, was dem allgemeinen Beſten zu- traͤglich iſt, und wer zwiſchen ſeinen beſondern Mey- nungen und den Geſetzen eine Colliſion findet, mag zuſehen, wie er dieſe heben kann. Soll das Vater- land vertheidiget werden; ſo muß jeder hinzueilen, deſſen Beruf es iſt. Die Menſchen wiſſen in ſol- chen Faͤllen ſchon ihre Meynungen zu modificiren, und ſo zu wenden, daß ſie mit ihrem buͤrgerlichen Berufe uͤbereinſtimmen. Man ſuche ihnen nur die- ſen Widerſpruch nicht zu auffallend zu machen. In
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gefallen laſſen muͤſſen, welche ihnen von den Land-
eigen thuͤmern eingeraͤumt werden. Allein erſtlich iſt
dieſes ja die vorliegende Frage: ob den Landeigenthuͤ-
mern nicht beſſer gerathen iſt, wenn ſie dieſe Gedul-
deten als Buͤrger aufnehmen, als daß ſie mit ſchwe-
ren Koſten andere Fremden ins Land ziehen? —
Sodenn moͤchte ich auch eroͤrtert wiſſen: wie lange,
wie viel Jahrtauſende dieſes Verhaͤltniß, als Land-
eigenthuͤmer und Fremdling fortdauern ſoll? Ob
es nicht zum Beſten der Menſchheit und ihrer Cultur
gereiche, dieſen Unterſchied in Vergeſſenheit kommen
zu laſſen?
Mich duͤnkt ferner, die Geſetze ſollen uͤberhaupt
keine Ruͤckſicht auf beſondere Meynungen nehmen.
Sie ſollten ihren Weg unaufhaltſam fortgehen, und
das vorſchreiben, was dem allgemeinen Beſten zu-
traͤglich iſt, und wer zwiſchen ſeinen beſondern Mey-
nungen und den Geſetzen eine Colliſion findet, mag
zuſehen, wie er dieſe heben kann. Soll das Vater-
land vertheidiget werden; ſo muß jeder hinzueilen,
deſſen Beruf es iſt. Die Menſchen wiſſen in ſol-
chen Faͤllen ſchon ihre Meynungen zu modificiren,
und ſo zu wenden, daß ſie mit ihrem buͤrgerlichen
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/84>, abgerufen am 18.12.2024.
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