monides, die Herrn D., wie er sagt, von einem grossen jüdischen Gelehrten mitgetheilet ward, ist sei- ner Hofnung gerade zuwider. Hier ist sie mit sei- nen eigenen Worten: nach Maymonides ist es die Pflicht eines jeden Juden, eine vom Feinde belagerte Stadt, in so fern auch nur Eines Menschen Leben dabey in Gefahr ist, am Sab- bath zu vertheidigen, und nicht erlaubt, sol- ches aufzuschieben, So ist eines jeden Juden Pflicht, am Sabbath alle Arten von Arbeit ohne Unterscheid zu verrichten, wenn eines Menschen Leben dadurch gerettet werden kann. Dis ist weiter nichts, als was wir längstens wissen, und im Mosaischen Recht gesagt ist, daß die Juden erlauben, sich am Sabbath zu verthei- digen, wenn man angegriffen wird, und ihr Leben in Gefahr ist: also wo dieser Fall nicht ein- tritt, und der Feind so klug ist, als Pompejus da er Jerusalem belagerte, am Sabbath gar nicht anzu- greifen, darf der Jude nicht fechten, nicht selbst den Angriff, nicht einen Ausfall aus der belagerten Stadt thun, die Approchen und Belagerungswerke zu zerstören, nicht den flüchtigen Feind verfolgen, nicht marschiren, dis alles völlig der jüdischen Ge- schichte von Johann Hyrkans Zeit an gemässe Ca-
suistik.
monides, die Herrn D., wie er ſagt, von einem groſſen juͤdiſchen Gelehrten mitgetheilet ward, iſt ſei- ner Hofnung gerade zuwider. Hier iſt ſie mit ſei- nen eigenen Worten: nach Maymonides iſt es die Pflicht eines jeden Juden, eine vom Feinde belagerte Stadt, in ſo fern auch nur Eines Menſchen Leben dabey in Gefahr iſt, am Sab- bath zu vertheidigen, und nicht erlaubt, ſol- ches aufzuſchieben, So iſt eines jeden Juden Pflicht, am Sabbath alle Arten von Arbeit ohne Unterſcheid zu verrichten, wenn eines Menſchen Leben dadurch gerettet werden kann. Dis iſt weiter nichts, als was wir laͤngſtens wiſſen, und im Moſaiſchen Recht geſagt iſt, daß die Juden erlauben, ſich am Sabbath zu verthei- digen, wenn man angegriffen wird, und ihr Leben in Gefahr iſt: alſo wo dieſer Fall nicht ein- tritt, und der Feind ſo klug iſt, als Pompejus da er Jeruſalem belagerte, am Sabbath gar nicht anzu- greifen, darf der Jude nicht fechten, nicht ſelbſt den Angriff, nicht einen Ausfall aus der belagerten Stadt thun, die Approchen und Belagerungswerke zu zerſtoͤren, nicht den fluͤchtigen Feind verfolgen, nicht marſchiren, dis alles voͤllig der juͤdiſchen Ge- ſchichte von Johann Hyrkans Zeit an gemaͤſſe Ca-
ſuiſtik.
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monides, die Herrn D., wie er ſagt, von einem
groſſen juͤdiſchen Gelehrten mitgetheilet ward, iſt ſei-
ner Hofnung gerade zuwider. Hier iſt ſie mit ſei-
nen eigenen Worten: nach Maymonides iſt es
die Pflicht eines jeden Juden, eine vom Feinde
belagerte Stadt, in ſo fern auch nur Eines
Menſchen Leben dabey in Gefahr iſt, am Sab-
bath zu vertheidigen, und nicht erlaubt, ſol-
ches aufzuſchieben, So iſt eines jeden Juden
Pflicht, am Sabbath alle Arten von Arbeit
ohne Unterſcheid zu verrichten, wenn eines
Menſchen Leben dadurch gerettet werden
kann. Dis iſt weiter nichts, als was wir laͤngſtens
wiſſen, und im Moſaiſchen Recht geſagt iſt, daß
die Juden erlauben, ſich am Sabbath zu verthei-
digen, wenn man angegriffen wird, und ihr
Leben in Gefahr iſt: alſo wo dieſer Fall nicht ein-
tritt, und der Feind ſo klug iſt, als Pompejus da er
Jeruſalem belagerte, am Sabbath gar nicht anzu-
greifen, darf der Jude nicht fechten, nicht ſelbſt den
Angriff, nicht einen Ausfall aus der belagerten
Stadt thun, die Approchen und Belagerungswerke
zu zerſtoͤren, nicht den fluͤchtigen Feind verfolgen,
nicht marſchiren, dis alles voͤllig der juͤdiſchen Ge-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/56>, abgerufen am 22.11.2024.
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