nach welchem ich glaube, daß ein Schriftsteller frey- lich nicht Alles, was er weiß, sondern jedesmal nur das sagen muß, was er zu einem bestimm- ten Zweck nützlich und wichtig hält. Hier- nach habe ich über diesen und andere Punkte mit gutem Bedacht gerade nicht mehr, noch weni- ger gesagt, als geschehen ist, und ich für denkende Leser, die Mittel-Ideen zuzusetzen, klare Folge- rungen abzuziehn wissen, (und nur für diese darf der Schriftsteller sorgen) nöthig hielt. Eine andere Zurückhaltung als diese durch meinen Zweck be- stimmte, habe ich nicht beobachtet, auch bekanntlich in dem Staat, der meinen Freund und mich ein- schließt, über Materien der Art nicht beobachten dürfen. Indeß hat Hr. Diez doch Recht gehabt, daß ich zuweilen manchen Lesern zu Vieles selbst zu denken überlassen, und mich nicht überall vollständig und lichtvoll genug erklärt habe. Da ich dieses auch aus andern Urtheilen gelernet, so habe ich nun die- sem Mangel abzuhelfen gesucht. Hrn. D. Gedan- ken, in Absicht des wichtigen Punkts, "daß man "durchaus den Juden keinen Uebergang zu irgend "einer andern religiösen Parthey auf einige Art vor- "schreiben, oder auch nur ihn begünstigen, vielmehr "von der eignen Verbesserung ihres Religionssystems "und dessen Erhebung bis zu der reinen Vernunft-
"religion
nach welchem ich glaube, daß ein Schriftſteller frey- lich nicht Alles, was er weiß, ſondern jedesmal nur das ſagen muß, was er zu einem beſtimm- ten Zweck nuͤtzlich und wichtig haͤlt. Hier- nach habe ich uͤber dieſen und andere Punkte mit gutem Bedacht gerade nicht mehr, noch weni- ger geſagt, als geſchehen iſt, und ich fuͤr denkende Leſer, die Mittel-Ideen zuzuſetzen, klare Folge- rungen abzuziehn wiſſen, (und nur fuͤr dieſe darf der Schriftſteller ſorgen) noͤthig hielt. Eine andere Zuruͤckhaltung als dieſe durch meinen Zweck be- ſtimmte, habe ich nicht beobachtet, auch bekanntlich in dem Staat, der meinen Freund und mich ein- ſchließt, uͤber Materien der Art nicht beobachten duͤrfen. Indeß hat Hr. Diez doch Recht gehabt, daß ich zuweilen manchen Leſern zu Vieles ſelbſt zu denken uͤberlaſſen, und mich nicht uͤberall vollſtaͤndig und lichtvoll genug erklaͤrt habe. Da ich dieſes auch aus andern Urtheilen gelernet, ſo habe ich nun die- ſem Mangel abzuhelfen geſucht. Hrn. D. Gedan- ken, in Abſicht des wichtigen Punkts, „daß man „durchaus den Juden keinen Uebergang zu irgend „einer andern religioͤſen Parthey auf einige Art vor- „ſchreiben, oder auch nur ihn beguͤnſtigen, vielmehr „von der eignen Verbeſſerung ihres Religionsſyſtems „und deſſen Erhebung bis zu der reinen Vernunft-
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ten Zweck nuͤtzlich und wichtig haͤlt. Hier-
nach habe ich uͤber dieſen und andere Punkte mit
gutem Bedacht gerade nicht mehr, noch weni-
ger geſagt, als geſchehen iſt, und ich fuͤr denkende
Leſer, die Mittel-Ideen zuzuſetzen, klare Folge-
rungen abzuziehn wiſſen, (und nur fuͤr dieſe darf
der Schriftſteller ſorgen) noͤthig hielt. Eine andere
Zuruͤckhaltung als dieſe durch meinen Zweck be-
ſtimmte, habe ich nicht beobachtet, auch bekanntlich
in dem Staat, der meinen Freund und mich ein-
ſchließt, uͤber Materien der Art nicht beobachten
duͤrfen. Indeß hat Hr. Diez doch Recht gehabt,
daß ich zuweilen manchen Leſern zu Vieles ſelbſt zu
denken uͤberlaſſen, und mich nicht uͤberall vollſtaͤndig
und lichtvoll genug erklaͤrt habe. Da ich dieſes auch
aus andern Urtheilen gelernet, ſo habe ich nun die-
ſem Mangel abzuhelfen geſucht. Hrn. D. Gedan-
ken, in Abſicht des wichtigen Punkts, „daß man
„durchaus den Juden keinen Uebergang zu irgend
„einer andern religioͤſen Parthey auf einige Art vor-
„ſchreiben, oder auch nur ihn beguͤnſtigen, vielmehr
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/358>, abgerufen am 24.11.2024.
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