Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.Manche die christliche Obrigkeit für eine unrechtmäßi- Reser- bers nichts wisse, wenn der König es mit Unrecht
wegnehmen will. Man sieht wie gefährlich es seyn würde, die Erkenntniß über dieses Unrecht dem, der Parthey ist, zu überlassen, und wie geschwinde man sich immer weiter verirren könne, wenn man einmal durch die allemal schädlichen casuistischen Sophistereyen von dem geraden Wege der Wahr- heit abgeleitet ist. Manche die chriſtliche Obrigkeit fuͤr eine unrechtmaͤßi- Reſer- bers nichts wiſſe, wenn der Koͤnig es mit Unrecht
wegnehmen will. Man ſieht wie gefaͤhrlich es ſeyn wuͤrde, die Erkenntniß uͤber dieſes Unrecht dem, der Parthey iſt, zu uͤberlaſſen, und wie geſchwinde man ſich immer weiter verirren koͤnne, wenn man einmal durch die allemal ſchaͤdlichen caſuiſtiſchen Sophiſtereyen von dem geraden Wege der Wahr- heit abgeleitet iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0348" n="340"/> Manche die chriſtliche Obrigkeit fuͤr eine unrechtmaͤßi-<lb/> ge Gewalt angeſehen und auch gegen ſie die Reſer-<lb/> vationen ſich moͤgen erlaubt gehalten haben. Der na-<lb/> tuͤrliche Gang der menſchlichen Ideen und Empfin-<lb/> dungen, die ſchlechte ſittliche Bildung des groͤßern<lb/> Haufens der Juden; thre Erbitterung wider die ſie<lb/> druͤckende Chriſten, macht die Folgerung ſehr wahr-<lb/> ſcheinlich, und es kann Faͤlle gegeben haben, wo ſie<lb/> verzeihlich ſeyn mochte, weil es vielleicht nicht leicht<lb/> war, die chriſtliche peinigende Obrigkeit von einem<lb/> gewaltſamen Rechtsraͤuber zu unterſcheiden. Gewiß<lb/> haben die juͤdiſchen Lehrer dieſe Folgerung nicht vor-<lb/> aus geſehen, noch weniger ſie genehmiget; ihre Er-<lb/> klaͤrungen von der Heiligkeit des Eidſchwurs und von<lb/> dem jeder Obrigkeit ſchuldigen Gehorſam ſind hier-<lb/> uͤber zu deutlich. Aber da ſie doch natuͤrlich und faſt<lb/> unvermeidlich iſt, ſo duͤnkt mich, fodert die Wichtigkeit<lb/> der Sache, ſie ganz unmoͤglich zu machen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Reſer-</hi> </fw><lb/> <note xml:id="note-0348" prev="#note-0347" place="foot" n="*)">bers nichts wiſſe, wenn der Koͤnig es mit Unrecht<lb/> wegnehmen will. Man ſieht wie gefaͤhrlich es ſeyn<lb/> wuͤrde, die Erkenntniß uͤber dieſes Unrecht dem,<lb/> der Parthey iſt, zu uͤberlaſſen, und wie geſchwinde<lb/> man ſich immer weiter verirren koͤnne, wenn man<lb/> einmal durch die allemal ſchaͤdlichen caſuiſtiſchen<lb/> Sophiſtereyen von dem geraden Wege der Wahr-<lb/> heit abgeleitet iſt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [340/0348]
Manche die chriſtliche Obrigkeit fuͤr eine unrechtmaͤßi-
ge Gewalt angeſehen und auch gegen ſie die Reſer-
vationen ſich moͤgen erlaubt gehalten haben. Der na-
tuͤrliche Gang der menſchlichen Ideen und Empfin-
dungen, die ſchlechte ſittliche Bildung des groͤßern
Haufens der Juden; thre Erbitterung wider die ſie
druͤckende Chriſten, macht die Folgerung ſehr wahr-
ſcheinlich, und es kann Faͤlle gegeben haben, wo ſie
verzeihlich ſeyn mochte, weil es vielleicht nicht leicht
war, die chriſtliche peinigende Obrigkeit von einem
gewaltſamen Rechtsraͤuber zu unterſcheiden. Gewiß
haben die juͤdiſchen Lehrer dieſe Folgerung nicht vor-
aus geſehen, noch weniger ſie genehmiget; ihre Er-
klaͤrungen von der Heiligkeit des Eidſchwurs und von
dem jeder Obrigkeit ſchuldigen Gehorſam ſind hier-
uͤber zu deutlich. Aber da ſie doch natuͤrlich und faſt
unvermeidlich iſt, ſo duͤnkt mich, fodert die Wichtigkeit
der Sache, ſie ganz unmoͤglich zu machen.
Reſer-
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*) bers nichts wiſſe, wenn der Koͤnig es mit Unrecht
wegnehmen will. Man ſieht wie gefaͤhrlich es ſeyn
wuͤrde, die Erkenntniß uͤber dieſes Unrecht dem,
der Parthey iſt, zu uͤberlaſſen, und wie geſchwinde
man ſich immer weiter verirren koͤnne, wenn man
einmal durch die allemal ſchaͤdlichen caſuiſtiſchen
Sophiſtereyen von dem geraden Wege der Wahr-
heit abgeleitet iſt.
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