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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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Nach dem Talmud, dem Majemonides, und
allen andern Rabbinen heißt auch ihnen gezwunge-
ner Eyd
nichts anders, als was er Jedem, der
diese Worte hört und nicht auf casuistische Sophiste-
reyen ausgeht, heißen muß, ein Eyd, den Jemand
uns durch Drohung oder wirklich angethane
Gewalt abdringt, ohne daß er irgend ein Recht

ihn
nigs Hauß ist, damit er von dem Zoll frey wer-
de. Er gedenker aber in seinem Herzen, sie sol-
len mir nur heut verboten seyn, wiewohl er es
schlechthin aus seinem Munde redet: denn es
ist bey uns fest und gewiß (und erweißlich) daß
die Worte, welche im Herzen seynd, vor keine
Worte gehalten werden, und daß solches bey
einem Zwang-gebrauchenden zu thun erlaubet
sey, wann derselbe auch schon von einem nicht
begehret, daß er ein Gelübde thun soll, und
er von sich selbsten ein Gelübde thut, oder er
ein mehrers angelobet, als derselbe erfodert
hat: oder wann derselbe von ihm begehret hat,
daß er ein Gelübde thun soll, und er schwöret
ihm, so ist solches für nichts zu halten, dieweil
er alles, was er thut, nur wegen des Zwanges
thut, und damit er seine Worte gegen den Ge-
waltthätigen bekräftigen möge, doch aber alles
nach der Nothwendigkeit der Sachen
.

Nach dem Talmud, dem Majemonides, und
allen andern Rabbinen heißt auch ihnen gezwunge-
ner Eyd
nichts anders, als was er Jedem, der
dieſe Worte hoͤrt und nicht auf caſuiſtiſche Sophiſte-
reyen ausgeht, heißen muß, ein Eyd, den Jemand
uns durch Drohung oder wirklich angethane
Gewalt abdringt, ohne daß er irgend ein Recht

ihn
nigs Hauß iſt, damit er von dem Zoll frey wer-
de. Er gedenker aber in ſeinem Herzen, ſie ſol-
len mir nur heut verboten ſeyn, wiewohl er es
ſchlechthin aus ſeinem Munde redet: denn es
iſt bey uns feſt und gewiß (und erweißlich) daß
die Worte, welche im Herzen ſeynd, vor keine
Worte gehalten werden, und daß ſolches bey
einem Zwang-gebrauchenden zu thun erlaubet
ſey, wann derſelbe auch ſchon von einem nicht
begehret, daß er ein Geluͤbde thun ſoll, und
er von ſich ſelbſten ein Geluͤbde thut, oder er
ein mehrers angelobet, als derſelbe erfodert
hat: oder wann derſelbe von ihm begehret hat,
daß er ein Geluͤbde thun ſoll, und er ſchwoͤret
ihm, ſo iſt ſolches fuͤr nichts zu halten, dieweil
er alles, was er thut, nur wegen des Zwanges
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nach der Nothwendigkeit der Sachen
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[333/0341] Nach dem Talmud, dem Majemonides, und allen andern Rabbinen heißt auch ihnen gezwunge- ner Eyd nichts anders, als was er Jedem, der dieſe Worte hoͤrt und nicht auf caſuiſtiſche Sophiſte- reyen ausgeht, heißen muß, ein Eyd, den Jemand uns durch Drohung oder wirklich angethane Gewalt abdringt, ohne daß er irgend ein Recht ihn *) *) nigs Hauß iſt, damit er von dem Zoll frey wer- de. Er gedenker aber in ſeinem Herzen, ſie ſol- len mir nur heut verboten ſeyn, wiewohl er es ſchlechthin aus ſeinem Munde redet: denn es iſt bey uns feſt und gewiß (und erweißlich) daß die Worte, welche im Herzen ſeynd, vor keine Worte gehalten werden, und daß ſolches bey einem Zwang-gebrauchenden zu thun erlaubet ſey, wann derſelbe auch ſchon von einem nicht begehret, daß er ein Geluͤbde thun ſoll, und er von ſich ſelbſten ein Geluͤbde thut, oder er ein mehrers angelobet, als derſelbe erfodert hat: oder wann derſelbe von ihm begehret hat, daß er ein Geluͤbde thun ſoll, und er ſchwoͤret ihm, ſo iſt ſolches fuͤr nichts zu halten, dieweil er alles, was er thut, nur wegen des Zwanges thut, und damit er ſeine Worte gegen den Ge- waltthaͤtigen bekraͤftigen moͤge, doch aber alles nach der Nothwendigkeit der Sachen.

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/341>, abgerufen am 23.11.2024.