Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

der Buße, doch gewisse, zeitliche göttliche Strafe
es nicht kann. Gerade diese Lehre hat bey den ältern
Völkern *) und besonders auch bey den Juden (bey wel-
chen nach dem mosaischen Gesetze der Meyneydige gar
keine bürgerliche, aber die ohufehlbare göttliche Ahn-
dung zu befürchten hatte **) die Heiligkeit des Eydes
befördert. Auch unter dem christlichen gemeinen
Mann herrscht der Glaube, daß der Meynend auch
noch in diesem Leben, vorzüglich vor andern Lastern,
von der Gottheit sichtbar bestraft werde. Und sollte
dieser Glaube nicht auf eine wohlthätige Art zu dem
Abscheu mitwirken, der wenigstens unter dem Land-
volk und in kleinen Städten sich Gottlob! noch er-
halten hat. Gewiß wird er wenigstens diesen Ab-
scheu nicht mindern und die Hofnung der Erlassung
dieses Verbrechens in einem künftigen Leben, die der
Christ mit dem Juden gemein hat -- kann bey eini-
gem vernünftigen Unterricht diese Folge unmöglich
haben, wie ich sogleich noch näher zu zeigen hoffe.

3) "Am Versöhnungtage werden den Ju-
"den, nach ihrer Lehre, alle, auch die schwer-
"sten Sünden erlassen und sie wieder ganz en-
"gelrein gemacht; also wird hier auch, schließt
Eisenmenger, "der falsche Eyd, also auch beson-

"ders
*) Besonders von den Römern s. Malblane de Jureju-
rando L. III. c. 37, 38.
**) S. Michaelis, mosaisches Recht, V. §. 256.
X 3

der Buße, doch gewiſſe, zeitliche goͤttliche Strafe
es nicht kann. Gerade dieſe Lehre hat bey den aͤltern
Voͤlkern *) und beſonders auch bey den Juden (bey wel-
chen nach dem moſaiſchen Geſetze der Meyneydige gar
keine buͤrgerliche, aber die ohufehlbare goͤttliche Ahn-
dung zu befuͤrchten hatte **) die Heiligkeit des Eydes
befoͤrdert. Auch unter dem chriſtlichen gemeinen
Mann herrſcht der Glaube, daß der Meynend auch
noch in dieſem Leben, vorzuͤglich vor andern Laſtern,
von der Gottheit ſichtbar beſtraft werde. Und ſollte
dieſer Glaube nicht auf eine wohlthaͤtige Art zu dem
Abſcheu mitwirken, der wenigſtens unter dem Land-
volk und in kleinen Staͤdten ſich Gottlob! noch er-
halten hat. Gewiß wird er wenigſtens dieſen Ab-
ſcheu nicht mindern und die Hofnung der Erlaſſung
dieſes Verbrechens in einem kuͤnftigen Leben, die der
Chriſt mit dem Juden gemein hat — kann bey eini-
gem vernuͤnftigen Unterricht dieſe Folge unmoͤglich
haben, wie ich ſogleich noch naͤher zu zeigen hoffe.

3) „Am Verſoͤhnungtage werden den Ju-
„den, nach ihrer Lehre, alle, auch die ſchwer-
„ſten Suͤnden erlaſſen und ſie wieder ganz en-
„gelrein gemacht; alſo wird hier auch, ſchließt
Eiſenmenger, „der falſche Eyd, alſo auch beſon-

„ders
*) Beſonders von den Roͤmern ſ. Malblane de Jureju-
rando L. III. c. 37, 38.
**) S. Michaelis, moſaiſches Recht, V. §. 256.
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0333" n="325"/>
der Buße, doch <hi rendition="#fr">gewi&#x017F;&#x017F;e, zeitliche go&#x0364;ttliche Strafe</hi><lb/>
es nicht kann. Gerade die&#x017F;e Lehre hat bey den a&#x0364;ltern<lb/>
Vo&#x0364;lkern <note place="foot" n="*)">Be&#x017F;onders von den <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;mern</hi> &#x017F;. <hi rendition="#fr">Malblane</hi> <hi rendition="#aq">de Jureju-<lb/>
rando L. III. c.</hi> 37, 38.</note> und be&#x017F;onders auch bey den Juden (bey wel-<lb/>
chen nach dem mo&#x017F;ai&#x017F;chen Ge&#x017F;etze der Meyneydige gar<lb/>
keine bu&#x0364;rgerliche, aber die ohufehlbare go&#x0364;ttliche Ahn-<lb/>
dung zu befu&#x0364;rchten hatte <note place="foot" n="**)">S. <hi rendition="#fr">Michaelis, mo&#x017F;ai&#x017F;ches Recht</hi>, <hi rendition="#aq">V.</hi> §. 256.</note> die Heiligkeit des Eydes<lb/>
befo&#x0364;rdert. Auch unter dem chri&#x017F;tlichen gemeinen<lb/>
Mann herr&#x017F;cht der Glaube, daß der Meynend auch<lb/>
noch in die&#x017F;em Leben, vorzu&#x0364;glich vor andern La&#x017F;tern,<lb/>
von der Gottheit &#x017F;ichtbar be&#x017F;traft werde. Und &#x017F;ollte<lb/>
die&#x017F;er Glaube nicht auf eine wohltha&#x0364;tige Art zu dem<lb/>
Ab&#x017F;cheu mitwirken, der wenig&#x017F;tens unter dem Land-<lb/>
volk und in kleinen Sta&#x0364;dten &#x017F;ich Gottlob! noch er-<lb/>
halten hat. Gewiß wird er wenig&#x017F;tens die&#x017F;en Ab-<lb/>
&#x017F;cheu nicht mindern und die Hofnung der Erla&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
die&#x017F;es Verbrechens in einem ku&#x0364;nftigen Leben, die der<lb/>
Chri&#x017F;t mit dem Juden gemein hat &#x2014; kann bey eini-<lb/>
gem vernu&#x0364;nftigen Unterricht die&#x017F;e Folge unmo&#x0364;glich<lb/>
haben, wie ich &#x017F;ogleich noch na&#x0364;her zu zeigen hoffe.</p><lb/>
          <p>3) &#x201E;<hi rendition="#fr">Am Ver&#x017F;o&#x0364;hnungtage werden den Ju-<lb/>
&#x201E;den, nach ihrer Lehre, alle, auch die &#x017F;chwer-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ten Su&#x0364;nden erla&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ie wieder ganz en-<lb/>
&#x201E;gelrein gemacht; al&#x017F;o wird hier auch</hi>, &#x017F;chließt<lb/>
Ei&#x017F;enmenger, &#x201E;<hi rendition="#fr">der fal&#x017F;che Eyd, al&#x017F;o auch be&#x017F;on-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x201E;ders</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0333] der Buße, doch gewiſſe, zeitliche goͤttliche Strafe es nicht kann. Gerade dieſe Lehre hat bey den aͤltern Voͤlkern *) und beſonders auch bey den Juden (bey wel- chen nach dem moſaiſchen Geſetze der Meyneydige gar keine buͤrgerliche, aber die ohufehlbare goͤttliche Ahn- dung zu befuͤrchten hatte **) die Heiligkeit des Eydes befoͤrdert. Auch unter dem chriſtlichen gemeinen Mann herrſcht der Glaube, daß der Meynend auch noch in dieſem Leben, vorzuͤglich vor andern Laſtern, von der Gottheit ſichtbar beſtraft werde. Und ſollte dieſer Glaube nicht auf eine wohlthaͤtige Art zu dem Abſcheu mitwirken, der wenigſtens unter dem Land- volk und in kleinen Staͤdten ſich Gottlob! noch er- halten hat. Gewiß wird er wenigſtens dieſen Ab- ſcheu nicht mindern und die Hofnung der Erlaſſung dieſes Verbrechens in einem kuͤnftigen Leben, die der Chriſt mit dem Juden gemein hat — kann bey eini- gem vernuͤnftigen Unterricht dieſe Folge unmoͤglich haben, wie ich ſogleich noch naͤher zu zeigen hoffe. 3) „Am Verſoͤhnungtage werden den Ju- „den, nach ihrer Lehre, alle, auch die ſchwer- „ſten Suͤnden erlaſſen und ſie wieder ganz en- „gelrein gemacht; alſo wird hier auch, ſchließt Eiſenmenger, „der falſche Eyd, alſo auch beſon- „ders *) Beſonders von den Roͤmern ſ. Malblane de Jureju- rando L. III. c. 37, 38. **) S. Michaelis, moſaiſches Recht, V. §. 256. X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/333
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/333>, abgerufen am 24.11.2024.