so wichtig, daß ich immer ungern das gerade Gefühl des ehrlichen Mannes durch spitzfindige Erörterun- gen einer casnistischen Moral unterbrochen, und die- se Angelegenhelt des Gewissens und Herzens zu dem Gegenstande einer sophistischen Grübeley herabgewür- diget sehe. Eben dadurch hofte ich die Juden gegen eine so schändliche Anklage am besten zu retten, und bey denen unter ihnen, die etwa meine Schrift lesen möchten, das sittliche Gefühl und den Werth, den sie auf sich selbst setzen müßten, zu beleben, -- wenn ich sie hier, nicht vertheidigte.
Alle diese Betrachtungen werden indeß durch die itzige Ernenerung eines so wichtigen Vorwurfs über- wogen. Denn allerdings können die Juden nie bes- sere Menschen und Bürger werden, wenn sie die Heiligkeit des in unserer Gesellschaft nun einmal unentbehrlich geglaubten Eides nicht anerkennen und uns doch durch dessen Schein betrügen, wenn es ih- nen religiöse Vorschrift ist, den Staat, der sie schützt, den Mitbürger, dessen Leben, Ehre und Eigenthum von ihrem beschwornen Worte abhangen kann, durch die feyerlichsten Anrufungen der Gottheit zu hinter- gehn. Weg denn mit diesen Unmenschen, und wenn sie noch so gute Soldaten werden, noch so viel Geld in die Cassen unserer Fürsten liefern könnten! Sie
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ſo wichtig, daß ich immer ungern das gerade Gefuͤhl des ehrlichen Mannes durch ſpitzfindige Eroͤrterun- gen einer caſniſtiſchen Moral unterbrochen, und die- ſe Angelegenhelt des Gewiſſens und Herzens zu dem Gegenſtande einer ſophiſtiſchen Gruͤbeley herabgewuͤr- diget ſehe. Eben dadurch hofte ich die Juden gegen eine ſo ſchaͤndliche Anklage am beſten zu retten, und bey denen unter ihnen, die etwa meine Schrift leſen moͤchten, das ſittliche Gefuͤhl und den Werth, den ſie auf ſich ſelbſt ſetzen muͤßten, zu beleben, — wenn ich ſie hier, nicht vertheidigte.
Alle dieſe Betrachtungen werden indeß durch die itzige Ernenerung eines ſo wichtigen Vorwurfs uͤber- wogen. Denn allerdings koͤnnen die Juden nie beſ- ſere Menſchen und Buͤrger werden, wenn ſie die Heiligkeit des in unſerer Geſellſchaft nun einmal unentbehrlich geglaubten Eides nicht anerkennen und uns doch durch deſſen Schein betruͤgen, wenn es ih- nen religioͤſe Vorſchrift iſt, den Staat, der ſie ſchuͤtzt, den Mitbuͤrger, deſſen Leben, Ehre und Eigenthum von ihrem beſchwornen Worte abhangen kann, durch die feyerlichſten Anrufungen der Gottheit zu hinter- gehn. Weg denn mit dieſen Unmenſchen, und wenn ſie noch ſo gute Soldaten werden, noch ſo viel Geld in die Caſſen unſerer Fuͤrſten liefern koͤnnten! Sie
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ſo wichtig, daß ich immer ungern das gerade Gefuͤhl
des ehrlichen Mannes durch ſpitzfindige Eroͤrterun-
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ſe Angelegenhelt des Gewiſſens und Herzens zu dem
Gegenſtande einer ſophiſtiſchen Gruͤbeley herabgewuͤr-
diget ſehe. Eben dadurch hofte ich die Juden gegen
eine ſo ſchaͤndliche Anklage am beſten zu retten, und
bey denen unter ihnen, die etwa meine Schrift leſen
moͤchten, das ſittliche Gefuͤhl und den Werth, den
ſie auf ſich ſelbſt ſetzen muͤßten, zu beleben, — wenn
ich ſie hier, nicht vertheidigte.
Alle dieſe Betrachtungen werden indeß durch die
itzige Ernenerung eines ſo wichtigen Vorwurfs uͤber-
wogen. Denn allerdings koͤnnen die Juden nie beſ-
ſere Menſchen und Buͤrger werden, wenn ſie die
Heiligkeit des in unſerer Geſellſchaft nun einmal
unentbehrlich geglaubten Eides nicht anerkennen und
uns doch durch deſſen Schein betruͤgen, wenn es ih-
nen religioͤſe Vorſchrift iſt, den Staat, der ſie ſchuͤtzt,
den Mitbuͤrger, deſſen Leben, Ehre und Eigenthum
von ihrem beſchwornen Worte abhangen kann, durch
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/312>, abgerufen am 24.11.2024.
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