Verfügung der Regierung, müssen, einzelne Fälle ausgenommen, die Zahl der Arbeiter jeder Art ver- theilen, einschränken, vergrößern. Man gebe nur jedem die Freyheit das und soviel zu arbeiten, als La- ge und Umstände erlauben; so wird alles am besten gehn. Aber sollte es auch wohl mit der Voraus- setzung, daß in den meisten europäischen Staaten kein Land mehr zum Ackerbau übrig und er schon so weit getrieben sey, um keine Hände mehr zu bedür- fen, seine Richtigkeit haben? Ich gestehe, daß ich mich hievon nicht überzeugen kann. Ich will nicht von Rußland und Schweden reden, wo in gewissen Provinzen die Natur vieleicht der höchsten Cultur des Bodens immer entgegen seyn wird; nicht von den großen Provinzen der österreichischen Monarchie, wo ein besserer Boden nur Hände erwartet, welche die Weisheit der Regierung ihm itzt durch alle Mittel zu verschaffen sucht; nicht von Spanien, Portugall, manchem Theile Italiens, Pohlen, wo Aberglaube Unwissenheit der Regierung, genährte Trägheit der Einwohner und gekränktes Menschenrecht, den schön- sten Theil der Erde zur Wüste machen. Aber auch selbst in den fruchtbarsten, bebautesten Ländern von Europa, deren Bevölkerung die verhältnißmäßigst größte, deren Regierung schon seit Jahrhunderten
thätig
Verfuͤgung der Regierung, muͤſſen, einzelne Faͤlle ausgenommen, die Zahl der Arbeiter jeder Art ver- theilen, einſchraͤnken, vergroͤßern. Man gebe nur jedem die Freyheit das und ſoviel zu arbeiten, als La- ge und Umſtaͤnde erlauben; ſo wird alles am beſten gehn. Aber ſollte es auch wohl mit der Voraus- ſetzung, daß in den meiſten europaͤiſchen Staaten kein Land mehr zum Ackerbau uͤbrig und er ſchon ſo weit getrieben ſey, um keine Haͤnde mehr zu beduͤr- fen, ſeine Richtigkeit haben? Ich geſtehe, daß ich mich hievon nicht uͤberzeugen kann. Ich will nicht von Rußland und Schweden reden, wo in gewiſſen Provinzen die Natur vieleicht der hoͤchſten Cultur des Bodens immer entgegen ſeyn wird; nicht von den großen Provinzen der oͤſterreichiſchen Monarchie, wo ein beſſerer Boden nur Haͤnde erwartet, welche die Weisheit der Regierung ihm itzt durch alle Mittel zu verſchaffen ſucht; nicht von Spanien, Portugall, manchem Theile Italiens, Pohlen, wo Aberglaube Unwiſſenheit der Regierung, genaͤhrte Traͤgheit der Einwohner und gekraͤnktes Menſchenrecht, den ſchoͤn- ſten Theil der Erde zur Wuͤſte machen. Aber auch ſelbſt in den fruchtbarſten, bebauteſten Laͤndern von Europa, deren Bevoͤlkerung die verhaͤltnißmaͤßigſt groͤßte, deren Regierung ſchon ſeit Jahrhunderten
thaͤtig
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0260"n="252"/>
Verfuͤgung der Regierung, muͤſſen, einzelne Faͤlle<lb/>
ausgenommen, die Zahl der Arbeiter jeder Art ver-<lb/>
theilen, einſchraͤnken, vergroͤßern. Man gebe nur<lb/>
jedem die Freyheit das und ſoviel zu arbeiten, als La-<lb/>
ge und Umſtaͤnde erlauben; ſo wird alles am beſten<lb/>
gehn. Aber ſollte es auch wohl mit der Voraus-<lb/>ſetzung, daß in den meiſten europaͤiſchen Staaten<lb/>
kein Land mehr zum Ackerbau uͤbrig und er ſchon ſo<lb/>
weit getrieben ſey, um keine Haͤnde mehr zu beduͤr-<lb/>
fen, ſeine Richtigkeit haben? Ich geſtehe, daß ich<lb/>
mich hievon nicht uͤberzeugen kann. Ich will nicht<lb/>
von Rußland und Schweden reden, wo in gewiſſen<lb/>
Provinzen die Natur vieleicht der hoͤchſten Cultur des<lb/>
Bodens immer entgegen ſeyn wird; nicht von den<lb/>
großen Provinzen der oͤſterreichiſchen Monarchie, wo<lb/>
ein beſſerer Boden nur Haͤnde erwartet, welche die<lb/>
Weisheit der Regierung ihm itzt durch alle Mittel zu<lb/>
verſchaffen ſucht; nicht von Spanien, Portugall,<lb/>
manchem Theile Italiens, Pohlen, wo Aberglaube<lb/>
Unwiſſenheit der Regierung, genaͤhrte Traͤgheit der<lb/>
Einwohner und gekraͤnktes Menſchenrecht, den ſchoͤn-<lb/>ſten Theil der Erde zur Wuͤſte machen. Aber auch<lb/>ſelbſt in den fruchtbarſten, bebauteſten Laͤndern von<lb/>
Europa, deren Bevoͤlkerung die verhaͤltnißmaͤßigſt<lb/>
groͤßte, deren Regierung ſchon ſeit Jahrhunderten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">thaͤtig</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[252/0260]
Verfuͤgung der Regierung, muͤſſen, einzelne Faͤlle
ausgenommen, die Zahl der Arbeiter jeder Art ver-
theilen, einſchraͤnken, vergroͤßern. Man gebe nur
jedem die Freyheit das und ſoviel zu arbeiten, als La-
ge und Umſtaͤnde erlauben; ſo wird alles am beſten
gehn. Aber ſollte es auch wohl mit der Voraus-
ſetzung, daß in den meiſten europaͤiſchen Staaten
kein Land mehr zum Ackerbau uͤbrig und er ſchon ſo
weit getrieben ſey, um keine Haͤnde mehr zu beduͤr-
fen, ſeine Richtigkeit haben? Ich geſtehe, daß ich
mich hievon nicht uͤberzeugen kann. Ich will nicht
von Rußland und Schweden reden, wo in gewiſſen
Provinzen die Natur vieleicht der hoͤchſten Cultur des
Bodens immer entgegen ſeyn wird; nicht von den
großen Provinzen der oͤſterreichiſchen Monarchie, wo
ein beſſerer Boden nur Haͤnde erwartet, welche die
Weisheit der Regierung ihm itzt durch alle Mittel zu
verſchaffen ſucht; nicht von Spanien, Portugall,
manchem Theile Italiens, Pohlen, wo Aberglaube
Unwiſſenheit der Regierung, genaͤhrte Traͤgheit der
Einwohner und gekraͤnktes Menſchenrecht, den ſchoͤn-
ſten Theil der Erde zur Wuͤſte machen. Aber auch
ſelbſt in den fruchtbarſten, bebauteſten Laͤndern von
Europa, deren Bevoͤlkerung die verhaͤltnißmaͤßigſt
groͤßte, deren Regierung ſchon ſeit Jahrhunderten
thaͤtig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/260>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.