giebt Fälle, wo Geld nicht Menschen aufwiegt, und man käme dadurch wieder in den vorigen Cirkul, und müßte eingestehn, daß Bürger, welche nicht die Gesellschaft zu der sie gehören, vertheidigen, keine Bürger wie andere seyn, nicht gleiche Rechte verlangen können und drü- ckende Unterschiede sich gefallen laßen müssen.
Ich habe es selbst gesagt, daß dieser Einwurf der wichtigste von allen sey, und ich bin noch itzt der Meynung, daß die Juden, so lange sie nicht zu Kriegsdiensten sich eben so willig als fähig bewiesen haben, nicht auf gleiche Rechte mit den übrigen Glie- dern der Gesellschaft Anspruch machen können. Ein Staat, dessen Bürger einem Angriff ihrer Ruhe und Besitzungen, mit Gewalt zu wehren, sich durch Ge- bote des Himmels untersagt halten, läßt sich nicht denken und kann nicht bestehen; die Erhaltung der gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt ist der erste und Hauptzweck jeder politischen Vereinigung, wer von jenem sich loßsagt, kann zu dieser nicht ge- hören; wenigstens wer nicht gleiche Lasten tragen will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß Beschützte darf nie mit dem Beschützer in ganz glei- cher Reihe gehen. Dieß sind Wahrheiten, die dem ge- sunden Menschenverstande einleuchten, die er zu allen
Zeiten
giebt Faͤlle, wo Geld nicht Menſchen aufwiegt, und man kaͤme dadurch wieder in den vorigen Cirkul, und muͤßte eingeſtehn, daß Buͤrger, welche nicht die Geſellſchaft zu der ſie gehoͤren, vertheidigen, keine Buͤrger wie andere ſeyn, nicht gleiche Rechte verlangen koͤnnen und druͤ- ckende Unterſchiede ſich gefallen laßen muͤſſen.
Ich habe es ſelbſt geſagt, daß dieſer Einwurf der wichtigſte von allen ſey, und ich bin noch itzt der Meynung, daß die Juden, ſo lange ſie nicht zu Kriegsdienſten ſich eben ſo willig als faͤhig bewieſen haben, nicht auf gleiche Rechte mit den uͤbrigen Glie- dern der Geſellſchaft Anſpruch machen koͤnnen. Ein Staat, deſſen Buͤrger einem Angriff ihrer Ruhe und Beſitzungen, mit Gewalt zu wehren, ſich durch Ge- bote des Himmels unterſagt halten, laͤßt ſich nicht denken und kann nicht beſtehen; die Erhaltung der gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt iſt der erſte und Hauptzweck jeder politiſchen Vereinigung, wer von jenem ſich loßſagt, kann zu dieſer nicht ge- hoͤren; wenigſtens wer nicht gleiche Laſten tragen will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß Beſchuͤtzte darf nie mit dem Beſchuͤtzer in ganz glei- cher Reihe gehen. Dieß ſind Wahrheiten, die dem ge- ſunden Menſchenverſtande einleuchten, die er zu allen
Zeiten
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giebt Faͤlle, wo Geld nicht Menſchen aufwiegt,
und man kaͤme dadurch wieder in den vorigen
Cirkul, und muͤßte eingeſtehn, daß Buͤrger,
welche nicht die Geſellſchaft zu der ſie gehoͤren,
vertheidigen, keine Buͤrger wie andere ſeyn,
nicht gleiche Rechte verlangen koͤnnen und druͤ-
ckende Unterſchiede ſich gefallen laßen muͤſſen.
Ich habe es ſelbſt geſagt, daß dieſer Einwurf der
wichtigſte von allen ſey, und ich bin noch itzt der
Meynung, daß die Juden, ſo lange ſie nicht zu
Kriegsdienſten ſich eben ſo willig als faͤhig bewieſen
haben, nicht auf gleiche Rechte mit den uͤbrigen Glie-
dern der Geſellſchaft Anſpruch machen koͤnnen. Ein
Staat, deſſen Buͤrger einem Angriff ihrer Ruhe und
Beſitzungen, mit Gewalt zu wehren, ſich durch Ge-
bote des Himmels unterſagt halten, laͤßt ſich nicht
denken und kann nicht beſtehen; die Erhaltung der
gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt iſt der
erſte und Hauptzweck jeder politiſchen Vereinigung,
wer von jenem ſich loßſagt, kann zu dieſer nicht ge-
hoͤren; wenigſtens wer nicht gleiche Laſten tragen
will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß
Beſchuͤtzte darf nie mit dem Beſchuͤtzer in ganz glei-
cher Reihe gehen. Dieß ſind Wahrheiten, die dem ge-
ſunden Menſchenverſtande einleuchten, die er zu allen
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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