Wahl treffen mögen? Die beyden erstern Wege dürften vermuthlich von dem größern Theile der Ju- den vorgezogen werden, und der dritte kann, wenn man sich unpartheyisch in ihre Stelle denkt, nur das Anlockende haben, sich dem größten Haufen ihrer Mitbürger gleich zu machen. Ich gestehe aber, daß ich einen nicht allmählig durch längere Vermischung und Umbildung vorbereiteten Uebergang der Juden zu einein der christlichen Religionssysteme selten für aufrichtig und daher die, welche sich zu ihm entschlies- sen können, nicht für die Bessern der Nation halte. Welt natürlicher und leichter wird es dem Juden seyn, seinen bisherigen Glauben zu reformiren, ihn zu seiner ursprünglichen Simplicität zurückzuführen, und die ihm in seinen itzigen Verhältnissen lästigen Verbindlichkeiten wegzuerklären, oder ganz bis zu der in seinem väterlichen Glauben schon begriffenen Ver- nunftreligion zurückzukehren. Er darf in diesen bey- den Fällen nur einen Theil seiner bisherigen Mey- nungen ablegen, ohne an ihre Stelle gerade wieder andere diesen widersprechende zu setzen, gegen die von früher Jugend an sein Herz eingenommen worden. Auch denn, wenn die Juden mit völliger Verlassung ihres bisherigen Glaubens, nur bey der natürlichen Religion stehn blieben, dürfen sie doch von keiner
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Wahl treffen moͤgen? Die beyden erſtern Wege duͤrften vermuthlich von dem groͤßern Theile der Ju- den vorgezogen werden, und der dritte kann, wenn man ſich unpartheyiſch in ihre Stelle denkt, nur das Anlockende haben, ſich dem groͤßten Haufen ihrer Mitbuͤrger gleich zu machen. Ich geſtehe aber, daß ich einen nicht allmaͤhlig durch laͤngere Vermiſchung und Umbildung vorbereiteten Uebergang der Juden zu einein der chriſtlichen Religionsſyſteme ſelten fuͤr aufrichtig und daher die, welche ſich zu ihm entſchlieſ- ſen koͤnnen, nicht fuͤr die Beſſern der Nation halte. Welt natuͤrlicher und leichter wird es dem Juden ſeyn, ſeinen bisherigen Glauben zu reformiren, ihn zu ſeiner urſpruͤnglichen Simplicitaͤt zuruͤckzufuͤhren, und die ihm in ſeinen itzigen Verhaͤltniſſen laͤſtigen Verbindlichkeiten wegzuerklaͤren, oder ganz bis zu der in ſeinem vaͤterlichen Glauben ſchon begriffenen Ver- nunftreligion zuruͤckzukehren. Er darf in dieſen bey- den Faͤllen nur einen Theil ſeiner bisherigen Mey- nungen ablegen, ohne an ihre Stelle gerade wieder andere dieſen widerſprechende zu ſetzen, gegen die von fruͤher Jugend an ſein Herz eingenommen worden. Auch denn, wenn die Juden mit voͤlliger Verlaſſung ihres bisherigen Glaubens, nur bey der natuͤrlichen Religion ſtehn blieben, duͤrfen ſie doch von keiner
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Wahl treffen moͤgen? Die beyden erſtern Wege
duͤrften vermuthlich von dem groͤßern Theile der Ju-
den vorgezogen werden, und der dritte kann, wenn
man ſich unpartheyiſch in ihre Stelle denkt, nur das
Anlockende haben, ſich dem groͤßten Haufen ihrer
Mitbuͤrger gleich zu machen. Ich geſtehe aber, daß
ich einen nicht allmaͤhlig durch laͤngere Vermiſchung
und Umbildung vorbereiteten Uebergang der Juden
zu einein der chriſtlichen Religionsſyſteme ſelten fuͤr
aufrichtig und daher die, welche ſich zu ihm entſchlieſ-
ſen koͤnnen, nicht fuͤr die Beſſern der Nation halte.
Welt natuͤrlicher und leichter wird es dem Juden
ſeyn, ſeinen bisherigen Glauben zu reformiren, ihn
zu ſeiner urſpruͤnglichen Simplicitaͤt zuruͤckzufuͤhren,
und die ihm in ſeinen itzigen Verhaͤltniſſen laͤſtigen
Verbindlichkeiten wegzuerklaͤren, oder ganz bis zu der
in ſeinem vaͤterlichen Glauben ſchon begriffenen Ver-
nunftreligion zuruͤckzukehren. Er darf in dieſen bey-
den Faͤllen nur einen Theil ſeiner bisherigen Mey-
nungen ablegen, ohne an ihre Stelle gerade wieder
andere dieſen widerſprechende zu ſetzen, gegen die von
fruͤher Jugend an ſein Herz eingenommen worden.
Auch denn, wenn die Juden mit voͤlliger Verlaſſung
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/187>, abgerufen am 22.11.2024.
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